1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Wahlkommission geht Vorwürfen nach

17. Dezember 2012

Nach dem ersten Wahlgang zum Verfassungsreferendum erhob Ägyptens Opposition zahlreiche Manipulationsvorwürfe. Nun will die Wahlkommission die Beschwerden untersuchen.

https://p.dw.com/p/174CN
Ein Mitarbeiter eines Wahllokals zählt Stimmzettel beim Referendeum über den Verfassungsentwurf. (Foto: Reuters)
Wahl Ägypten Dezember 2012Bild: Reuters

"Die Beschwerden reichen von fehlenden Richtern in einigen Wahllokalen über Wählerbeeinflussung bis hin zur verspäteten Öffnung einiger Wahllokalen", sagte Kommissionsmitglied Mohammed al-Tambuli dem Nachrichtenportal "Al-Ahram". Der Kairoer Strafrichter Amir Ramsi erklärte, in der südlichen Provinz Sohag habe man den Wählern Stimmzettel ausgehändigt, bei denen die Farben vertauscht gewesen seien. Deshalb hätten einige Analphabeten ihr Kreuz an der falschen Stelle gemacht.

Am Wahltag hatte es auch Berichte über die Einschüchterung von Oppositionellen und Christen durch "bärtige Männer" gegeben. In Alexandria übernahmen nach Angaben "Al-Ahrams" sogar Salafisten an einer Schule die Wahlaufsicht und sagten den Wählern, sie sollten mit Ja stimmen.

Absage der zweiten Runde gefordert

Der Vorsitzende der Demokratischen Friedenspartei, Ahmed al-Fadhali, beantragte beim Staatsrat, einem hohen Richtergremium, dass die für kommenden Samstag geplante zweite Runde der Volksabstimmung über die maßgeblich von den Islamisten erarbeitete Verfassung abgesagt wird. Dies begründete er mit der angeblichen Manipulation des Ergebnisses durch die Muslimbruderschaft.

In der ersten Runde der Volksabstimmung für das Grundgesetz stimmten nach Berichten staatlicher Medien rund 57 Prozent der Wähler für die Verfassung, die einen größeren Einfluss des Islam auf die Gesellschaft vorsieht. Die Wahlbeteiligung lag demnach bei 33 Prozent. Da nach den Großstädten in der zweiten Runde in den ländlichen Gebieten des Landes abgestimmt wird, die eher die Islamisten unterstützen, dürfte eine Annahme der Verfassung sicher sein.

Ägypten: offenbar knappe Mehrheit für neue Verfassung

Aufruf zu landesweiten Protesten

Unterdessen rief die ägyptische Opposition für den Dienstag zu landesweiten Protesten gegen die neue Verfassung auf. Die Nationale Heilsfront, in der sich die wichtigsten liberalen und säkularen Oppositionsparteien des Landes zusammengeschlossen haben, appellierte an die Ägypter, auf die Straße zu gehen, um "ihre Freiheit zu verteidigen, Fälschungen entgegenzutreten und den Verfassungsentwurf zurückzuweisen". Mit den Protestaktionen fordern sie zudem, "den ungültigen Verfassungsentwurf fallenzulassen".

Die Befürworter des Verfassungsentwurfs erhoffen sich Stabilität nach der unruhigen Übergangsphase nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Husni Mubarak im Februar 2011. Die liberale und säkulare Opposition dagegen fürchtet, dass die oft unscharfen Formulierungen des Verfassungsentwurfs nicht die Bürgerrechte garantieren. Zudem fürchten sie, dass der Text der weiteren Islamisierung des Landes den Weg ebnet.

Mursi kommt im Januar nach Berlin

Trotz zunehmender Sorgen um die demokratische Entwicklung in Ägypten hält die Bundesregierung am Deutschland-Besuch von Präsident Mohammed Mursi Ende Januar fest. "Wir müssen mit diesem bedeutenden arabischen Land im Gespräch sein", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin.

Zuvor hatte Entwicklungsminister Dirk Niebel vor einem Abgleiten Ägyptens in eine Diktatur gewarnt. Niebel sagte der "Berliner Zeitung", es bestehe die Gefahr, dass das diktatorische System des gestürzten Präsidenten Husni Mubarak wieder auflebe, "nur diesmal mit anderen Personen". Zugleich gab Niebel bekannt, dass ein geplanter teilweiser Schuldenerlass von bis zu 240 Millionen Euro erst einmal verschoben werde.

GD/gmf (rtr, dpa, dapd, afp)