1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Wahlsieger: „Unregierbarkeit“

27. Februar 2013

Wie geht nach der Wahl mit Italien weiter? Das Krisenland steckt politisch in einer Pattsituation. Europa sorgt sich, die Märkte reagieren.

https://p.dw.com/p/17mG2
Senatsgebäude in Rom (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Da keine Partei in beiden Parlamentskammern eine ausreichende Mehrheit erlangt hat, wird die drittgrößte Volkswirtschaft Europas möglicherweise wochenlang brauchen, um die Regierung zu bilden. Möglich sind auch Neuwahlen. "Der Sieger heißt: Unregierbarkeit", titelte in dieser Situation die römische Tageszeitung "Il Messagero".

Zwar gewann die reformorientierte Links-Allianz um den Sozialdemokraten Pier Luigi Bersani die Wahl zum Abgeordnetenhaus mit hauchdünnem Vorsprung (120.000 Stimmen). Doch im Senat, der nach regionalen Gesichtspunkten gewählt wird, erhielt das Mitte-Rechts-Bündnis um Silvio Berlusconi die meisten Sitze. Die Folge: Berlusconi und die Anti-Establishment-Bewegung des Komikers Beppe Grillo könnten gemeinsam die Gesetzesvorhaben anderer Lager abblocken.

Wer mit wem ist die Frage

Der Komiker ist der eigentliche Gewinner der Parlamentswahl: Grillo wurde mit seiner Protestbewegung drittstärkste politische Kraft. Der Milliardär Berlusconi, den viele abgeschrieben hatten, schnitt ebenfalls gut ab. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück kommentierte dies auf einer Parteiveranstaltung in Potsdam mit den Worten: "Bis zu einem gewissen Grade bin ich entsetzt, dass zwei Clowns gewonnen haben." Der für seinen Sanierungskurs im Ausland gelobte Mario Monti hingegen landete mit seiner Zentrumsbewegung abgeschlagen auf dem vierten Platz.

Ein Mann liest in der Zeitung Corriere della Sera, "Wahl Schock: keine Stimmenmehrheit" titelt. (Foto: dpa)
"Wahl Schock: keine Stimmenmehrheit" - titelt die italienische Zeitung "Corriere della Sera"Bild: picture-alliance/dpa

Bersani räumte ein, dass die Wahl eine sehr schwierige Lage geschaffen habe. Spekulationen über baldige Neuwahlen erteilte der Vize von Bersanis Demokratischer Partei (PD), Enrico Letta, aber eine Absage. Sein Lager stehe nun in der Verantwortung, eine Regierung zu bilden. Auch Berlusconi hat sich gegen Neuwahlen ausgesprochen. In einem Fernsehinterview sagte er, über einen möglichen Deal mit dem Mitte-Links-Bündnis von Bersani müsse man nachdenken. Eine Regierungsbildung sei möglich, wenn alle Seiten Opfer brächten.

Zinsen steigen, Börsen gehen auf Talfahrt

Angesichts der ungewissen politischen Zukunft Italiens reagierten die Märkte nervös. Denn die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone ist hoch verschuldet und braucht sehr schnell eine stabile Regierung. "Die Krise ist zurück", fassten die Analysten der Royal Bank of Scotland die Lage zusammen.

Die Aktienkurse rauschten am Dienstag weltweit in den Keller. Der Euro rutschte zeitweise auf 1,3019 US-Dollar und damit auf den tiefsten Stand seit Mitte Januar. Der deutsche Leitindex Dax verlor zwischenzeitlich rund zwei Prozent. Die Anleger warfen italienische Aktien und Anleihen aus ihren Depots, Risikoaufschläge für Anleihen südeuropäischer Krisenstaaten schossen in die Höhe - auch Spanien wurde mitgerissen.

Die EU erwartet einen Reformkurs

Italien unregierbar?

Der EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn plädierte im Interesse von Wachstum und Beschäftigung für eine Fortsetzung des Reformkurses. Bundeskanzlerin Angela Merkel appellierte an das Verantwortungsbewusstsein der italienischen Politiker. Sie seien in der Pflicht, die richtigen Entscheidungen zu treffen und für das Land und Europa das Beste aus dem knappen Ergebnis zu machen.

Bis zum 15. April muss gemäß der Verfassung die Regierung stehen. Außerdem steht die Wahl eines neuen Staatspräsidenten an: Giorgio Napolitanos Amtszeit endet am 15. Mai, einen Monat vorher muss laut Verfassung sein Nachfolger gewählt werden.

Im Dezember hatte Staatspräsident Napolitano das italienische Parlament aufgelöst nachdem der parteilose Regierungschef Mario Monti zurückgetreten war. Die Parlamentswahlen wurden daraufhin leicht vorgezogen. Gut 75 Prozent der wahlberechtigten Italiener hatten bei der Wahl am Sonntag und Montag laut Innenministerium ihre Stimme abgegeben.

nem/re (dpa, afp,ap)