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Wahlzettelskandal in Bulgarien

Alexander Andreev12. Mai 2013

Die Parlamentswahlen sollten manipuliert werden und Wahlzettel könnten möglicherweise gefälscht sein - das ist der Vorwurf, der die vorgezogenen Neuwahlen am Sonntag in Bulgarien begleitet.

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Wahlen in Bulgarien: Wahkommission in Sofia (Foto: BGNES )
Wahlen in BulgarienBild: BGNES

Ein ernsthafter Zwischenfall überschattet die Parlamentswahl in Bulgarien. In einer gemeinsamen Aktion haben die Staatsanwaltschaft und die nationale Sicherheitsbehörde DANS am Samstag (11.05.2013) in einer Druckerei 350.000 nicht registrierte Wahlzettel sichergestellt. Da die offiziell gedruckten Wahlzettel schon am 8. Mai an die Wahllokale ausgeliefert worden waren, hegt die Staatsanwalt den Verdacht, dass es sich dabei um versuchte Wahlfälschung handelt. Der Eigentümer der Druckerei in der Ortschaft Kostinbrod ist gleichzeitig der lokale Spitzenmann der bisher regierenden rechtskonservativen Partei GERB von Ex-Premier Boiko Borissow.

Nach Massenprotesten im Februar und März war die Regierung Borissows zurückgetreten. Am Samstag sollte am sogenannten "Tag zum Nachdenken" der Wahlkampf ruhen - doch alle Oppositionsparteien haben die gesetzlich verordnete Zurückhaltung gebrochen und den vermuteten Fälschungsversuch aufs Schärfste angeprangert. Einige von ihnen sprachen sogar von einem versuchten Staatsstreich. Der Druckereibesitzer, der die öffentliche Ausschreibung zum Druck der Wahlzettel gewonnen hatte, behauptete zwar, es handele sich dabei um defekte Wahlzettel. Fachleute betonen allerdings, deren Aufbewahrung in der Druckerei sei illegal gewesen.

Wahlen in Bulgarien: Proteste nach Wahlfälschungen in Warna (Foto: BGNES )
Protest gegen Wahlfälschungen in WarnaBild: BGNES

Machtkampf im Staatsapparat

Medienberichten zufolge war der Druckereibesitzer ein enger Vertrauter des zurückgetretenen Innenministers und Wahlkampfmanagers von GERB, Zwetan Zwetanow. Der wiederum war in jüngster Zeit wegen eines massiven Lauschangriffs gegen Politiker und Journalisten in die Schlagzeilen geraten. Während der Lauschangriffsaffäre war der Generalstaatsanwalt offensiv gegen die zurückgetretene Regierung vorgegangen: Er hatte Zwetanow und Ex-Premier Borissow zum Verhör bestellt. Andererseits behaupten Beobachter, dass Ex-Innenminister Zwetanow auch nach seinem Rücktritt die Polizei unter seiner Kontrolle hatte und sie zur Wahlmanipulation benutzte. Für diese Vermutung spricht auch die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft und die Sicherheitsbehörde DANS die Aktion in der Druckerei offensichtlich nicht mit der Polizei abgestimmt haben.

Insgesamt handelt es sich offenbar um eine Konfrontation innerhalb des Sicherheitsapparats: Die Staatsanwaltschaft und DANS versuchen, den Machenschaften der Borissow-Regierung auf die Schliche zu kommen, die Polizei wiederum hört immer noch auf ihren Ex-Chef und torpediert diese Bemühungen.

Manipulationsvorwürfe könnten Opposition stärken

Der Wahlzettelskandal könnte sich ernsthaft auf die Wahlbeteiligung und auf die Wahlergebnisse am Sonntag (12.05.2013) auswirken. Die politische Stimmung am Wahltag ist äußerst gereizt. Nach einer in Bulgarien einmaligen Schlammschlacht im Wahlkampf vermuten alle Oppositionsparteien, dass Borissow und seine Partei durchaus zu Wahlfälschungen bereit sind, um an der Macht zu bleiben und ihre Affären unter den Teppich kehren zu können. Meinungsforscher gehen davon aus, dass der Wahlzettelskandal die sozialistische BSP und einige Kleinparteien stärken und zu einer Niederlage von GERB führen könnte.

Das ärmste EU-Land mit rund 7,7 Millionen Einwohnern wird wegen Korruption und massiven Problemen im Justizbereich von der EU-Kommission beobachtet. In Meinungsumfragen zur Wahl führte bis vor kurzem die rechtskonservative Partei GERB von Ex-Ministerpräsident Boiko Borissow, dicht gefolgt von der sozialistischen BSP. Den Sprung in die Volksversammlung werden mit Sicherheit die Partei der türkischen Minderheit DPS und die radikalen Nationalisten von Ataka schaffen.

Ein Wahlplakat wirbt für den Ex-Ministerpräsidenten Boiko Borissow (Foto: BGNES )
Ein Wahlplakat wirbt für den Ex-Ministerpräsidenten Boiko BorissowBild: BGNES