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"Wal Mart kommt mit einem blauen Auge davon"

28. Juli 2006

Nach acht Jahren in Deutschland zieht sich der weltgrößte amerikanische Einzelhändler Wal-Mart zurück. Die Düsseldorfer Metro AG übernimmt die deutschen Aktivitäten von Wal-Mart.

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Die neue Konzernzentrale der Metro Group in DüsseldorfBild: picture-alliance/dpa

Gegenstand der Transaktion seien 85 Warenhäuser, teilten beide Unternehmen am Freitag (28.7.06) mit. Bei 19 Standorten übernehme Metro zusätzlich das Immobilien-Eigentum. Zum Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Die Metro-Aktie gewann an der Frankfurter Börse 3,7 Prozent auf 45,42 Euro und lag damit an der Dax-Spitze.

Damit wirft Wal-Mart nach acht Jahren in Deutschland das Handtuch. Der US-Konzern hatte 1998 die Wertkauf- und ein Jahr später die Interspar-Märkte erworben. Die 85 Märkte blieben mit ihren Ergebnissen aber hinter den Erwartungen der Konzernführung in Arkansas zurück. "Wir haben den Turn Around nie geschafft," sagte eine Wal-Mart-Sprecherin. In dem sehr wettbewerbsintensiven deutschen Markt hatte Wal-Mart gleich mit mehreren Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt. Sortimentsgestaltung, Preisfindung und das schwache Konsumklima machten dem Konzern zu schaffen. Gleichzeitig musste Wal-Mart Millionen in Umbauten, Distributionszentren und Mitarbeiterschulungen investieren.

Kein überraschender Schritt

Berlinale 2006 WAL-MART: The High Cost Of Low Price
Der Konzern hatte mit Preisfindung und dem schwachen Konsumklima zu kämpfenBild: presse

"Es wurde zunehmend klarer, dass wir in dem deutschen Handelsumfeld nicht die Ziele erreichen können, die wir uns gesetzt haben," sagte Wal-Mart-Deutschland-Chef Michael Duke in einer Mitteilung. Wal-Mart betreibt rund 6500 Märkte, davon 2700 in 14 Ländern außerhalb den Vereinigten Staaten. Für den Rückzug aus Deutschland wird der Konzern im zweiten Geschäftsquartal 2007 einen Vorsteuerverlust in Höhe von einer Milliarde Dollar verbuchen müssen.

Für Marktbeobachter kam der Schritt nicht überraschend. "Wachstum lässt sich in Deutschland mit großen Warenhäusern nur schwer erzielen," sagte ein Händler. Mit diesem Problem habe auch Metro zu kämpfen. Allerdings könnten sich die Düsseldorfer mit einer kritischen Größe besser am Markt behaupten. "Der Deal hilft letztendlich beiden Seiten. Wal-Mart kommt mit einem blauen Auge davon: Deutsche Arbeitsgesetze und Gewerkschaften passen nicht zur Unternehmensphilosphie. Metro hat hingegen die Chance, seine Problemsparte Real zu stärken." Der Konzern könne Kosten sparen, Abläufe vereinfachen und zudem mehr Umsatz generieren. Die Wal-Mart- Märkte erzielten im vergangenen Geschäftsjahr einen Umsatz von rund zwei Milliarden Euro.

Klares Bekenntnis zu Real

Metro kündigte an, die 85 Wal-Mart-Märkte in das Real-Netz zu integrieren. Von den 11.000 Mitarbeitern sollten nach Möglichkeit so viele wie möglich gehalten werden, sagte ein Sprecher. Von der Transaktion verspricht sich der Konzern "deutliche" Synergien, die er aber nicht näher bezifferte. Zudem wird im laufenden Geschäftsjahr ein Einmalbetrag verbucht. Die Übernahme muss noch von der Kartellbehörde genehmigt werden. Metro geht aber davon aus, dass die Transaktion in diesem Jahr über die Bühne geht.

Die Real- und Extra-Märkte hatten Metro im vergangenen Jahr die Bilanz verhagelt und den Konzern zu einer Reduzierung seiner Prognosen für 2005 veranlasst. Auch im ersten Quartal 2006 schrieb die Sparte einen Verlust von 40 Millionen Euro, der Umsatz sank um sechs Prozent. Am Markt wurde deshalb spekuliert, ob sich der Konzern von Real trennt. Metro-Chef Hans-Joachim Körber hatte dies allerdings stets zurückgewiesen und für 2006 wieder positive Zahlen bei Real angekündigt. (mia)