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Waldbrände erhitzen Gemüter

Claus Hecking21. August 2003

In Portugal nehmen die Waldbrände immer bedrohlichere Ausmaße an. Bereits 14 Menschen starben. Ministerpräsident José Manuel Durão Barroso begab sich höchstpersönlich in das Dörfchen Mação - und wurde prompt ausgebuht.

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Von den Waldbränden Betroffene sind sauer auf die RegierungBild: AP

Seit Tagen brennen Portugals Wälder. Vierzehn Menschen sind den Flammen bisher zum Opfer gefallen. Rund 54.000 Hektar Wald -ein Drittel der gesamten Waldfläche des Landes- wurden bereits vernichtet. Die Schuld an dem Desaster trägt nach Meinung vieler Portugiesen Durão Barrosos konservative Regierung - und das bekommt er auch sehr deutlich gesagt.

Regierung auf Waldbrände unvorbereitet

Portugals Ministerpräsident José Manuel Durão Barroso hatte noch nicht einmal die Tür seiner Limousine geöffnet, als ihm die wütenden Dorfbewohner schon die ersten Beschimpfungen entgegenschleuderten. "Du hättest früher kommen sollen, als hier noch alles brannte", brüllte ein Mann mit geballter Faust, und erhielt dafür Szenenapplaus. Denn er hatte den Nagel auf den Kopf getroffen: Der Zorn des Volkes richtet sich nun gegen die Regierung.

Diese, so klagen die oppositionellen Sozialisten, hätte ungenügend auf die alljährlich auftretenden Waldbrände vorbereitet. Die Behörden hätten Waldschneisen zuwuchern lassen, anstatt Feuerschneisen anzulegen. Der Regierungschef kontert mit dem Hinweis, dies sei wohl kaum der richtige Augenblick für Schuldzuweisungen: "Seit Menschengedenken hat es nicht eine solche Tragödie gegeben", sagte Durão Barroso im portugiesischen Fernsehen.

Schlimmste Naturkatastrophe der Geschichte

Tatsächlich kämpft Portugal gegen eine der schlimmsten Naturkatastrophen seiner jüngeren Geschichte. Am Montag (4.8.2003) rief die Regierung den nationalen Notstand fürs ganze Land aus. Seit fast zwei Wochen stemmen sich Tausende von Feuerwehrmännern, Soldaten und Freiwilligen mit Flugzeugen, Schläuchen und sogar Wasserkübeln gegen die Brände.

Immerhin gelang es ihnen am Dienstag und Mittwoch, viele Brände unter Kontrolle zu bringen. Doch immer wieder gibt es neue Feuer, entfacht durch die Hitze sowie oft auch durch Pyromanen und raffgierige Grundstücksspekulanten. Tausende von Menschen aus den evakuierten Gebieten haben ihr Heim verloren, sie leben nun in Turnhallen oder anderen provisorischen Notunterkünften.

Infrastrukturen völlig zerstört

Im Landesinneren sind Strom- und Telefonnetze zusammengebrochen, Straßen weiträumig zerstört und manche Dörfer waren zeitweise völlig von den Flammen eingekesselt. Die 50 Millionen Euro Soforthilfe, die Durão Barroso versprochen hat, sind für viele Waldbrand-Geschädigte nur ein Tropfen auf dem heißen Stein - ein verspäteter Ausdruck des schlechten Gewissens. "Schauen wir mal, ob du wirklich wahrmachst, was du versprichst", rief in Mação ein Dorfbewohner dem Ministerpräsidenten zu.

Durão Barroso reagierte darauf lieber gar nicht. Denn die Staatskassen sind leer, und ob die Regierung wirklich alle Opfer entschädigen kann, hängt entscheidend davon ab, ob Portugal Mittel aus dem Solidaritätsfonds der Europäischen Union bekommt. Die Entscheidung hierüber steht noch aus. Für José Manuel Durão Barroso gab es am Mittwoch erst einmal wieder schlechte Nachrichten: Die Meteorologen erwarten für die kommenden Tage neue Hitzewellen - und damit wohl auch neue Feuer.