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Artenschutz

23. Mai 2011

Die Veränderungen des Weltklimas wirken sich direkt auf die Artenvielfalt aus, denn dadurch verändern sich Siedlungsgebiete von Tieren und Pflanzen. Die UNESCO hat den 22. Mai zum Tag der Artenvielfalt erklärt.

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Urwald am Kamerunberg(Foto: dpa)
Regenwald in Kamerun - von Abholzung bedrohtBild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Pflanzen fangen früher an zu blühen, Zugvögel erreichen ihre Brutgebiete früher – der Klimawandel wirkt sich auf die Natur aus. Wenn sich Klimazonen auf der nördlichen Halbkugel nach Norden verschieben, wandern kälteliebende Arten weiter nach Norden oder in höher gelegene Regionen. Einzelne Arten reagieren unterschiedlich auf klimatische Veränderungen.

Nicholas MacGregor von der Naturschutzagentur "Natural England" betont, dass keine Spezies isoliert lebt. Alle Arten leben in einer Gemeinschaft mit anderen, die ihnen beispielsweise als Nahrung dienen. Das kann zu Problemen führen, wenn sie unterschiedlich auf Veränderungen reagieren. Manchmal wachsen die Blätter an Pflanzen früher. Die Insekten, die sie fressen, schlüpfen früher. Aber die Vögel, die ihrerseits die Insekten fressen, sind nicht so flexibel und können ihre Eier nicht so früh legen. "Diese Diskrepanz kann sich auf das Überleben und auf die Fortpflanzung einer Spezies auswirken", so MacGregor.

Graugänse fliegen am Mittwoch über dem Gelände des Wasservogelreservats in Wallnau auf der Ostseeinsel Fehmarn (Foto: dpa)
Zugvögel brauchen bestimmte UmweltbedingungenBild: picture-alliance/dpa

Deutschland ohne Kraniche

Bestimmte Arten werden künftig in ihren bisherigen Gebieten nicht mehr vorkommen. Beate Jessel, Präsidentin des deutschen Bundesamts für Naturschutz, nennt als Beispiel den Kranich, der nach manchen Modellrechnungen in Deutschland sein Verbreitungsgebiet verlieren wird. Er würde aber weiter in Skandinavien vorkommen.

Dies erfordere einerseits eine verstärkte grenzübergreifende Zusammenarbeit im Naturschutz, sagt Jessel. Gleichzeitig werde man schwierige Entscheidungen über Prioritäten setzen müssen und eventuell akzeptieren, dass bestimmte Spezies, die jetzt geschützt werden, in bestimmten Regionen nicht mehr zu halten seien.

Gewinner und Verlierer

Schnelle Veränderungen bedrohen insbesondere die Arten, die sich aufgrund einer geographischen oder klimatischen Insellage schlecht anpassen können oder nicht auf neu-zugewanderte Fressfeinde einstellen können. Auch der Wandel ganzer Ökosysteme kann einzelne angestammte Arten bedrohen oder zur Abwanderung zwingen. Andererseits begünstigen Warmperioden prinzipiell die evolutionäre Entwicklung neuer Arten.

Deutschlands oberste Naturschützerin sorgt sich nicht nur um Veränderungen in Europa. So seien die Korallenriffe in tropischen und subtropischen Gewässern durch eine mögliche Erderwärmung stark bedroht. Korallenriffe erbringen bedeutende Ökosystemleistungen, zum Beispiel beim Rückhalt von Flutwellen. Sie gelten auch als besonders artenreiche Ökosysteme und haben große Bedeutung für die Fischerei und die Ernährungssicherheit.

Korallen in Papua Neu-Guinea (Foto: CC/Anderson Smith)
Korallen sind von Klimaänderungen bedrohtBild: CC/Anderson Smith2010

Auch als Touristenattraktion sind sie eine wichtige Einkommensquelle für viele Länder. Wärmere Meerestemperaturen seien aber für die Korallenriffe extrem gefährlich, weil subtropische Korallen nur in einem sehr engen Temperaturfenster überleben können. "Sie werden jetzt schon beschädigt und wir wissen, dass das von der Politik gesetzte Zwei-Grad-Ziel nicht ausreichen wird, um die Korallenriffe weltweit zu erhalten", so die Präsidentin des Bundesamts für Naturschutz.

Waldbrand in Russland (Foto: dpa)
Waldbrände nach Austrocknung von MoorenBild: picture alliance/dpa

Gesunde Meere und Wälder sind gut fürs Klima

Auch andere artenreiche Ökosysteme wie Wälder oder Flüsse erbringen vielfache Dienstleistungen. Sie helfen, den Wasserkreislauf in Gang zu halten, liefern Nahrung, dienen der Erholung – und sie helfen, das Klima zu regulieren. Die Biodiversität und der Klimawandel seien daher untrennbar miteinander verbunden, sagt Karina Zaunberger von der Umweltdirektion der Europäischen Kommission.

"Ohne die Hilfe von Ökosystemen an Land und im Meer wären die Auswirkungen des Klimawandels bereits viel schlimmer. Zurzeit absorbieren sie ungefähr die Hälfte der anthropogenen CO2-Emissionen. Das heißt: Um das Klima zu stabilisieren, müssen wir unseren CO2-Ausstoß drastisch reduzieren. Wir müssen aber auch dafür sorgen, dass unsere natürlichen CO2-Speicher intakt bleiben."

Dies gelte insbesondere für die Wälder, die nach dem Wunsch der UN Bildungs- und Kulturorganisation UNESCO beim diesjährigen Tag der Biodiversität (22.05.2011) sowie im ganzen Jahr 2011 im Fokus der Weltöffentlichkeit stehen sollen. Hier würden die Wechselwirkungen zwischen Natur und Klima besonders deutlich, erklärt Zaunberger.

Wenn das Klima beispielsweise für tropische Regenwälder wie im Amazonas zu trocken würde, könne dieses Ökosystem an der Stelle nicht mehr als solches existieren. "Das hätte dramatische Konsequenzen für den Wasserkreislauf und das Klima", prognostiziert die Naturexpertin.

"Die Ökosysteme sind Teil des Klimasystems. Es besteht nicht nur aus der Geosphäre und der Atmosphäre, sondern auch aus der Biosphäre. Das wird oft vergessen. Biodiversität ist nicht nur ein Opfer, sondern auch ein Dienstleister für das Klima und ein Teil der Lösung," betont sie.

Ein Nadelgehölz im Wald (Foto: DW/ Martinovic)
Wälder und Moore sind WasserspeicherBild: DW/M.Martinovic

Naturschutz als Wirtschaftsfaktor

Diese Tatsache sei noch nicht stark genug in der Öffentlichkeit präsent, sagt Beate Jessel, Präsidentin des deutschen Bundesamts für Naturschutz. Auch Torfmoore und Mangrovenwälder, die gerade in Entwicklungs- und Schwellenländern zunehmend bedroht seien, spielten eine wichtige Rolle im Klimaprozess.

Eine enge Verknüpfung zwischen dem Schutz der Biodiversität und des Klimas sei im übrigen nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll. Ein Beispiel dafür seien ausgetrocknete Moorgebiete. In ihrem ursprünglich feuchten Zustand können Moore CO2 speichern. Ihre Restaurierung sei nicht nur effektiv, sondern auch billiger als manche High-Tech Alternativen, betont Deutschlands oberste Naturschützerin.

"Bei Naturschutzmaßnahmen handelt es sich vielfach um besonders kostengünstige Beiträge zum Klimaschutz. Die Kosten etwa je eingesparter Tonne CO2-Äquivalent durch die Moor-Renaturierung liegen deutlich unter denen von technischen Maßnahmen. Naturschutz ist eben kein Selbstzweck, er ist in vielen Fällen auch praktizierter Klimaschutz."

Autorin: Irene Quaile
Redaktion: Fabian Schmidt