1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Berg und Meer

26. Juni 2009

Eine Wanderung zwischen den fünf kleinen Dörfern "Cinque Terre" östlich von Genua an der ligurischen Küste verbindet Berg- mit Meererlebnis.

https://p.dw.com/p/Ibcy
Idyllisches Vernazza: "Cinque Terre" ist Unesco-WelterbeBild: picture alliance / dpa

Monterosso um acht Uhr morgens. Der größte der "Cinque Terre"-Orte wirkt noch verschlafen. Ein einsamer Badegast schlappt auf der Via Roma, der Dorfstraße, Richtung Strand. Rechts an der Dorfpiazza liegt die Midi-Bar. Die Frühstückcroissants sind die besten der ganzen "Cinque Terre". Vielleicht, weil sie ein Künstler macht. Sandro, Ende 50, grau-weißes Haar, Schnurrbart, dunkle Augen, melancholischer Blick. Er ist Dichter, Schauspieler und Konditor.

"Die Freude, die mir das Formen und Backen macht, schmeckt man wohl mit", sagt er. Dann philosophiert er über die Zeiten, als Monterosso noch ein verlassenes Fischernest war, über das regelmäßig die Piraten herfielen. "Der ganze Küstenstreifen von Monterosso bis zur Insel Tino ist etwas Besonderes. Verwaltungstechnisch gehört er zu Ligurien, aber kulturell ist er etwas anderes, etwas Eigenes. Die Landschaft ist wilder, rauer und die Leute sind es auch, sie sind von ihrem Wesen her Anarchisten."

Enges Gassengewirr

Italien Landschaft Cinque Terre Wanderweg an der Steilküste
Wanderweg an der Steilküste der "Cinque Terre" in LigurienBild: picture alliance / dpa

Neun Uhr: Die Sonne bringt das Meer zum Glitzern, am Ende der kleinen Sandbucht links vom Hafenbecken schlängelt sich ein Weg hinauf ins Grün der Berge. 200 Meter hoch ist der Anstieg, ein Teil führt über in den Fels gehauene Treppenstufen. Eine halbe Stunde später läuft man auf einem schmalen aber ebenen Pfad, parallel zum Berg. Links die Felswand, rechts begrenzen stachliges Unterholz, Ginster- und Lorbeerbüsche den Ausblick auf das Meer.

Wer früh morgens losgeht, hat den Weg von Monterosso nach Vernazza noch für sich allein. Erst kurz vor dem Abstieg ins Dorf dringen wieder menschliche Laute ans Ohr des Wanderers. Der Weg führt mitten hinein in das Gassengewirr von Vernazza. An der Kreuzung mit der Via Roma stellt sich die Frage: rechts hinunter zum Hafen und auf die hübsche Piazza, Mittelpunkt des Dorflebens, oder weiter geradeaus nach Corniglia, dem nächsten Ort der Cinque Terre?

Eine Gruppe von Amerikanern zögert nicht lange. Hinauf geht es, wieder auf den Berg. Die Schritte langsam, bedächtig, um nicht aus der Puste zu kommen.

Trockenmauern ist eine Kunst

Die Strecke von Vernazza nach Corniglia ist die anspruchsvollste, in vielen Schleifen geht es auf und ab. Wer nicht schwindelfrei ist, sollte dieses Stück besser mit dem Zug fahren, der alle fünf Dörfer miteinander verbindet. Zugreisende verpassen allerdings die grandiose Aussicht vom Weg auf das kleinste der fünf Dörfer. Corniglia liegt nicht am Meer wie die anderen, sondern 80 Meter hoch auf einem Felsplateau, wie eine Festung. 250 Menschen leben hier. Einer von ihnen heißt Fabio.

Italien Landschaft Cinque Terre Stadt Manarola
Manarola ist Ziel der WanderungBild: picture alliance / dpa

"Heute ist so ein schöner Tag, da bin ich hier heraufgekommen, um mal nach dem Rechten zu sehen", sagt er. Seine lockigen braunen Haare sind verschwitzt, das T-Shirt hat grüne Flecken. Kritisch wandern seine Augen über die Trockenmauer aus Natursteinen, die sich am Weg entlang zieht und die Erde des Hangs zurückhält. Trockenmauer, weil sie keinen Zement enthält. "Das musst Du langsam und sorgfältig machen", erklärt er. "Einige hier im Dorf sind schnell, aber die haben jahrelange Erfahrung und ein Auge dafür. Es ist eine Kunst."

Mauern, Meer und Wein

Die Trockenmauern gehören zu den "Cinque Terre" wie die Vegetation, die Weinberge und das Meer. Glatt wie ein Tuch liegt es heute da, ab und zu zieht ein Schiff einen weißen Streifen in das tiefe Blau. Hinter Corniglia führt der Weg fast auf der Höhe des Meeresspiegels nach Manarola. Noch eine knappe Stunde zu gehen, dann steht man am Hafen des Dorfes. Hier gibt es einige ausgezeichnete Restaurants, mit Meeresfrüchten und viel Fisch auf der Karte. Der richtige Abschluss für eine Wanderung zwischen Meer und Bergen.

Autorin: Kirstin Hausen
Redaktion: Andreas Ziemons