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Warnung vor neuem Kulturkampf

Mahmoud Tawfik/arn15. Mai 2004

Gefoltert wird nicht nur im Irak, sondern auch in vielen anderen, nicht nur arabischen Ländern. Dass ausgerechnet die USA in den Folterskandal im Irak verwickelt sind, untergräbt ihr Ansehen in der Region.

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Der Folterskandal wird in Ägypten sehr genau zur Kenntnis genommenBild: AP

Die arabischen Menschenrechtsorganisationen haben allen Grund zu handeln, gerade jetzt - denn auch die arabischen Machthaber werden ihrer Meinung nach versucht sein, ihre eigenen Menschenrechtsvergehen im Vergleich mit anderen zu verharmlosen. "Die Methoden reichen von verbalen Demütigungen und Schläge bis dahin, dass Personen in schmerzhaften Posen aufgehängt oder ihnen Elektroschocks verpasst werden, besonders an den Genitalien", beschreibt Bahi El Din Hassan, Präsident des Kairoer Zentrums für Menschenrechts-Studien, die Situation in ägyptischen Gefängnissen. Magda Adli vom Zentrum Al-Nadeem in Kairo hat an einem Buch mitgearbeitet, das sich mit den Misshandlungen von Frauen durch die ägyptische Polizei beschäftigt.

Libyen und Palästina

Auch Ali Zidan von der Libyschen Vereinigung für Menschenrechte ist über die neusten Entwicklungen der Menschenrechtssituation weltweit besorgt. Zumal sowohl der ägyptische Staatspräsident Hussni Mubarak als auch der libysche Staatsführer Muammar el Ghaddafi in westlichen Ländern mit kräftigem Händeschütteln begrüßt werden - von Menschenrechtsverletzungen kein Wort. Der Westen misst nach Meinung von arabischen Menschenrechtlern in zweierlei Hinsicht mit zweierlei Maß.

Misshandlungen in der Region Israel-Palästina reichen von "Schlaf-Entzug über lange Zeit, bis es zu Halluzinationen und zum totalen Zusammenbruch kommt, Essens-Entzug, langes Stehen in schmerzhaften Positionen", sagt der Palästinenser Ragi el Surani, Vize-Präsident der Internationalen Föderation für Menschenrechte. Laut el Surani kommt es sowohl in den palästinensischen Autonomiegebieten als auch in Israel zu Menschenrechtsverletzungen. Und auch für diese Region bedeuten für el Surani die neuesten Entwicklungen weltweit nichts Gutes.

Weitreichende Auswirkungen befürchtet

Die Bilder aus dem Irak haben für die Menschenrechtler eine Illusion zerstört, von der sie sich eine Verbesserung der Lage im eigenen Haus erhofften. Vielleicht rührt daher die doppelte Empörung über die Misshandlungen der westlichen Armeen im Irak und anderswo: Für Al-Surani, Zidan und andere haben sich die westlichen Mächte endgültig als Demokratieträger für den Nahen Osten disqualifiziert.

Die Folter-Bilder aus Irak werden nach Ansicht des Trierer Bischofs Reinhard Marx "verheerende Wirkungen" in der islamischen Welt haben. Sie bedeuteten dort "eine Provokation, wie man sie sich schlimmer nicht vorstellen kann", sagte Marx in einem Zeitungsinterview. Eine solche Demütigung leite "Wasser auf die Mühlen, die in Richtung Radikalisierung gehen". Angesichts der Bilder sehe er die Skepsis des Papstes und der katholischen Kirche gegen den Irak-Krieg bestätigt. Krieg führe zu unkontrollierbaren Folgen, und viele Soldaten "verlieren alle Hemmungen, gerade in einem solchen Szenario wie in Irak". Der Zentralrat der Muslime in Deutschland hat angesichts der Folter-Bilder sogar vor einem Kampf der Kulturen gewarnt.

Der Vorsitzende des Zentralrats, Nadeem Elyas, hatte dazu aufgerufen, eine Konfrontation zwischen moslemischer und westlicher Welt zu vermeiden. "Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass solche Taten, wie schlimm sie auch sind, nicht dazu führen, dass sich hier zwei Fronten bilden", sagte er der Deutschen Welle. Angesichts der Folterungen fühlten sich die Moslems als ganze Gruppe entwürdigt. "Jede dieser Taten bringt uns einer solchen Konfrontation näher", warnte er.