1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Warschau begrüßt Rückzug Steinbachs

4. März 2009

Polen hat die Entscheidung des Bundes der Vertriebenen begrüßt, Erika Steinbach vorerst nicht für den Stiftungsrat des geplanten Vertriebenen-Zentrums zu nominieren. Auch die SPD zeigt sich erleichtert.

https://p.dw.com/p/H5CI
Erika Steinbach (Quelle: AP)
Will dem Vertriebenenzentrum nicht im Weg stehen: Erika Steinbach (CDU)Bild: AP

"Das ist ein Erfolg", sagte der polnische Regierungssprecher Pawel Gras am Mittwoch (04.03.2009) vor der Presse in Warschau. "Ich betrachte es als einen guten Tag, eine gute Nachricht", fügte er hinzu. Die Entscheidung sei eine Bestätigung der Absprachen, die Bundeskanzlerin Angela Merkel und der Deutschlandbeauftragte Polens, Wladyslaw Bartoszewski, vor einiger Zeit getroffen hätten.

Erfreut zeigte sich auch der Präsident des polnischen Unterhauses, Bronislaw Komorowski. Die Entscheidung bedeute eine "gute Prognose für die deutsch-polnischen Beziehungen" und beweise, dass es in Deutschland ein "sehr tiefes Verständnis" für Polens Einstellung gebe, sagte er dem Fernsehsender TVN24.

Zuvor hatte der Bund der Vertriebenen (BdV) mitgeteilt, man habe das Angebot Steinbachs, auf ihre Nominierung zu verzichten, vorläufig angenommen. Zur Begründung hieß es, der Verband wolle "die nicht durch uns verursachte Blockade auflösen". Die Vertriebenen-Organisation wolle auch "nicht der billige Vorwand dafür sein, das Stiftungsgesetz nicht in die Tat umzusetzen und so die Stiftung auf den letzten Metern noch zu verhindern".

Kein Ersatzkandidat

Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier (Quelle: dpa)
Die Nominierung Steinbachs hatte auch zu Differenzen zwischen Kanzlerin Merkel (CDU) und Außenminister Steinmeier (SPD) geführtBild: picture-alliance/ dpa

Gleichzeitig stellte der BdV klar, dass er für Steinbach keinen anderen Vertreter in das Gremium entsenden will. Damit solle betont werden, dass sich der Verband sein "originäres Besetzungsrecht von niemandem vorschreiben" lasse.

In einer Mitteilung des Präsidiums hieß es zudem, der BdV erwarte, "dass die Bundesregierung nunmehr zügig das Benennungsverfahren einleitet und das Dokumentationszentrum in Berlin baldmöglichst realisiert".

Die Nominierung Steinbachs hatte für Zündstoff im deutsch-polnischen Verhältnis, aber auch innerhalb der Berliner Regierungskoalition gesorgt.

Steinbach gilt in Polen seit Jahren als Reizfigur

Viele Polen lehnen die CDU-Bundestagsabgeordnete als Vertreterin der Vertriebenen im Stiftungsrat des geplanten Zentrums ab. Sie unterstellen Steinbach, die Verbrechen der Nationalsozialisten durch die Hervorhebung des Schicksals der Vertriebenen relativieren zu wollen.

Kritik gibt es in Polen auch daran, dass Steinbach 1991 im Bundestag nicht für die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie stimmte und einen EU-Beitritt Polens ablehnte. Außerdem hat sie sich aus polnischer Sicht nicht klar genug von Entschädigungsforderungen deutscher Vertriebener distanziert.

Bosbach: Pyrrhussieg der SPD

Auch die SPD hatte wiederholt klar gemacht, dass sie Steinbach nicht im Stiftungsrat sehen will. CDU und CSU hatten sich dagegen wiederholt für Steinbach ausgesprochen.

Entsprechend fielen auch die ersten Reaktionen der Parteien aus: Die SPD zeigte sich erleichtert über den Beschluss des Verbands. Steinbach habe "das gemacht, was wir erwartet haben", sagte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann vor Journalisten in Berlin.

Der Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach spricht im Bundestag in Berlin (Quelle: dpa)
Unions-Fraktionsvize Bosbach kritisiert die SPDBild: picture-alliance/ dpa

Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach kritisierte die Einmischung der SPD in die Diskussion um Steinbach. Den Sozialdemokraten sei es gelungen, in ein autonomes Benennungsverfahren einzugreifen, sagte Bosbach in Berlin. "Es gibt Siege, die sind Pyrrhussiege." Die Vertriebenen wüssten nun, dass sie von der SPD nichts zu erwarten hätten. Die Entscheidung des BdV sehe er mit gemischten Gefühlen, ergänzte Bosbach.

Der Unions-Vertriebenen-Experte Jochen-Konrad Fromme sagte, der Verzicht Steinbachs verdiene Respekt. "Damit macht der BdV den Weg für die vom Bundestag 2008 beschlossene Stiftung frei", so der CDU-Politiker. "Der BdV erreicht mit seiner honorigen Ankündigung außerdem, dass das Projekt nicht weiter an einer möglichen Blockadestrategie der SPD scheitern kann." Mit der Entscheidung, die Stelle nun gar nicht zu besetzen, unterstreiche das Präsidium, "dass das Nominierungsrecht ausschließlich beim BdV liegt".

Bayerns Staatskanzleichef Siegfried Schneider (CSU) nahm die Entscheidung "mit Bedauern, aber Respekt" zur Kenntnis. Er halte es für "falsch und eine Einschränkung der Qualität des Stiftungsrats", wenn Steinbach dem Gremium nicht angehöre, sagte er. (gri)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen

Mehr zum Thema