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Warten auf Tag X

24. Juli 2009

Vorsicht ja, Panik nein, Impfung bald: Die Zahl der Schweinegrippe-Fälle in Deutschland ist sprunghaft gestiegen. Doch das Bundesministerium für Gesundheit sieht sich gut gerüstet.

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Influenza-Virus H1N1 (Foto: DW-TV)
Gegen die neue Variante des Influenza-Virus H1N1 gibt es noch kein Serum

"Schweinegrippe-Virus außer Kontrolle!", "Fälle nehmen explosionsartig zu". Glaubt man den Schlagzeilen deutscher Boulevard-Zeitungen, ist in Deutschland bereits eine Schweinegrippe-Epidemie ausgebrochen. Doch soweit ist es laut Robert-Koch-Institut noch nicht. Denn ungefähr 80 Prozent der Neuinfizierten hätten den Virus in den letzten Tagen aus dem Urlaub eingeschleppt. Gefährlicher wäre, wenn sich mehr Menschen in Deutschland anstecken würden, sagt Jörg Hacker, Präsident des Robert-Koch-Instituts. Dennoch rät er eindringlich zur Vorsicht. "Gründliches Händewaschen ist sehr wichtig. Und man sollte sich nicht anniesen oder anhusten lassen."

Robert-Koch-Institut beobachtet die Schweinegrippe auch in Chile

Jörg Hacker (Foto: dpa)
Rät eindringlich zu gründlicher Hygiene: Jörg Hacker, Präsident des Robert-Koch-InstitutsBild: picture-alliance/ dpa

Trockener Husten, erhöhte Temperatur und Gliederschmerzen. Stellen sich die Grippe-Symptome ein, sollte man größere Menschenansammlungen meiden, so Hacker, und eine Zeit lang zu Hause oder im Urlaubsquartier bleiben. Sich selbst Medikamente zu verabreichen, davon rät er ab. Vielmehr sollten Erkrankte sich wenn notwendig von einem Arzt untersuchen lassen.

Das Robert-Koch-Institut beobachtet den Verlauf der Grippe-Welle genau. Auch im Ausland, zum Beispiel in Chile. Dort ist gerade Winter, und die Experten schauen, wie sich die Grippe in der kalten Jahreszeit verhält, die Deutschland demnächst bevorsteht. Bisher ähneln die allermeisten Fälle der Virusinfektion in Deutschland einer leichten Grippe. Die Lage sei unter Kontrolle, sagt Klaus Theo Schröder, Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit. Nur in Einzelfällen mussten Schulen und Kindergärten geschlossen werden. "Im Moment gibt es keinen Grund, irgendwelche Großveranstaltungen abzusagen."

Keine Absage von Massenveranstaltungen

Urlauberin mit Mundschutz (Foto: AP)
Viele Urlauber haben die Schweinegrippe nach Deutschland eingeschlepptBild: AP

Doch das kann sich jederzeit ändern. Denn je stärker sich die Schweinegrippe ausbreitet, desto mehr schwere Krankheitsverläufe gibt es und desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer Resistenz des Virus gegen Grippemittel und eine unkontrollierte Verbreitung der Krankheit. In den Griff bekommt man die Schweinegrippe nur mit einem Impfstoff. An einem Serum gegen die neue Variante des Influenza-Virus H1N1 wird mit Hochdruck gearbeitet. "Ende September, Anfang Oktober" werde der Impfstoff auf dem Markt sein, sagt Schröder. Das hätten Gespräche ergeben, die in den letzten Tagen mit den zwei Herstellern geführt wurden, die in Deutschland unter Vertrag sind.

Für den Leiter des Fachgebietes Virale Impfstoffe am Paul-Ehrlich-Institut, Michael Pfleiderer, ist das Tempo der Impfstoff-Entwicklung beachtlich. "Bedenken Sie, dass wir das Virus seit maximal drei Monaten kennen." Zugleich warnte er, Ankündigungen mancher Hersteller Glauben zu schenken, sie würden einen Impfstoff schon in den kommenden Wochen bereitstellen. "Das sind Werbebotschaften von bestimmten Firmen."

Massenimpfung in mehreren Stufen geplant

Ärzte fuer Infektiologie der Uni-Klinik Düsseldorf (Foto: AP)
Nur wenige Schweinegrippe-Patienten mussten bisher im Krankenhaus behandelt werdenBild: AP

Die Bundesländer haben 50 Millionen Dosen des Impfstoffes bestellt und eine Option auf so viele weitere, dass alle in Deutschland lebenden Menschen geimpft werden könnten. Die geplante Massenimpfung soll in mehreren Stufen durchgeführt werden. Als Erste erhalten die Angestellten im Gesundheitswesen das Serum. Danach sind die Menschen an der Reihe, die als besonders gefährdet gelten: Diabetiker, Herz-Kreislauf- und Asthma-Patienten. Dass chronisch Kranke zu den Risikopatienten der Schweinegrippe gehören, hat die Analyse der Grippe-Verbreitung in den USA und Mexiko ergeben.

Zwei Milliarden Euro wird die Massenimpfung kosten. Die Kosten übernehmen die Krankenkassen. Die Produktionszeit der Impf-Dosen und die aufwändige Impf-Kampagne dürfte die Massenimpfung zu einer langwierigen Aktion machen. In der deutschen Bevölkerung ist das Vertrauen in eine erfolgreiche Bekämpfung der Schweingrippe dennoch weiterhin hoch. Laut ZDF-Politbarometer sehen nur 18 Prozent der Deutschen ihre Gesundheit aktuell durch die Schweinegrippe gefährdet.

Autor: Benjamin Braden

Redaktion: Dirk Eckert