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"Was bleibt uns außer Hoffnung?"

12. März 2009

Die politische Lage in Simbabwe ist hochexplosiv: Seit dem schweren Autounfall von Morgan Tsvangirai und dem tragischen Tod seiner Frau halten sich Gerüchte, Präsident Mugabe habe seine Hände im Spiel gehabt.

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Beerdigung von Susan Tsvangirai (Foto: AP)
Abschied von Susan Tsvangirai - Tausende Menschen nahmen an der Trauerzeremonie teilBild: AP
Simbabwe TSVANGIRAI Unfall
Wies Anschlags-Gerüchte zurück: Tsvangirai wurde beim Unfall nicht lebensgefährlich verletztBild: AP

"Möge Gott Sie schützen, kommen Sie heile zurück". Der Grenzbeamte in Südafrika ist nicht der einzige, den das Reiseziel "Simbabwe" nicht beglückt. "Passen Sie gut auf" hatte auch die simbawische Projektleiterin der Konrad-Adenauer-Stiftung in Südafrika mich gewarnt. Die Stimmung in Simbabwe ist nach dem tragischen Unfall Tsvangirais immer noch gespannt. In der Tat sind die Umstände dubios: Anhänger der Oppositionspartei "MDC" verweisen auf die vielen mysteriösen Autounfälle, in denen politische Nebenbuhler von Mugabe, bzw. vermeintliche Liebhaber seiner jungen Frau Grace, ums Leben gekommen sind. Auch taucht der Name der NGO "USAid" bereits zum zweiten Mal im Zusammenhang mit einem angeblichen Mordkomplott gegenüber hochrangigen Regierungsvertretern auf. Die "Hand Gottes" sei im Spiel gewesen, sagte dagegen Staatschef Robert Mugabe beim Trauergottesdienstes am Dienstag. "Das hat Maradonna auch gesagt", spotten Simbabwer mit Galgenhumor.


Die "Dollarisierung" des Landes


Simbabwe Wahlen Inflation 50 Millionen Dollar Note
50 Millionen Dollar-Note - Simbabwes Währung ist nichts mehr wertBild: AP

Am Mittwoch (11.03.2009), dem Tag der Beerdigung Susan Tsvangirais, war die Stimmung von vorsichtigem Optimismus geprägt. “Was bleibt uns denn außer der Hoffnung“, sagt Taxifahrer Moses. Seine Rechnung stellt er später in US Dollar – Ausdruck der "Dollarisierung" Simbabwes, wie es ein Zeitungskommentator nennt. Nachdem selbst die kreative simbawische Notenbank die aus Deutschland gelieferten Banknoten nicht mehr mit zusätzlichen Nullen bedrucken konnte - zuletzt wurden Trillionen-Scheine ausgegeben - , hat die Regierung die lokale Währung freigegeben und neben dem US Dollar den südafrikanischen Rand, Euros, das britische Pfund und den botswanischen Pula als offizielle Zahlungsmittel eingeführt. Seitdem sind die Lebensmittel in den Supermärkten in US $ ausgezeichnet: Ein Laib Brot kostet einen Dollar, die 0,75-Liter-Flasche Bier zwei Dollar. Studienabgänger, die vom Internetcafe @One Stop@ in Harares Speke Street ihre Bewerbungen verschicken, bezahlen dafür 50 US Cents für 30 Minuten. Die Regierung hat angekündigt, ihre Beamten ab sofort ebenfalls in US Dollar zu bezahlen. Doch dafür mangelt es schlicht an Devisenreserven, und so werden nach wie vor die wertlosen ZimDollar oder Gutscheine ausgegeben. Ob sich die Lehrer, Universitätsprofessoren und Krankenschwestern, die in diesen Tagen an ihre lange verwaisten Arbeitsplätze zurückkehren, vertrösten lassen?


Schwieriges Überleben


Julius (Name von der Redaktion geändert) hat Glück und bekommt sein Gehalt bereits in harter Währung. Er ist Angestellter im "Meikles", Simbabwes erstem Hotel am Platz. Eine Übernachtung in dem 1915 eröffneten Luxushotel, das noch in den 90ern zu den renommiertesten Häusern weltweit zählte, kostet stolze 250 Dollar. Dafür können die – überwiegend chinesischen – Geschäftsleute beim Gin & Tonic am Pool hoch über Harare in Erinnerung an bessere Tage schwelgen. Einige Stockwerke tiefer macht Julius derweil auf dem goldgerandeten Briefpapier des "Meikles" eine einfache Rechnung auf: Wie überlebt man im Simbabwe 2009 von 74 $ im Monat mit einer fünfköpfigen Familie?

Simbabwe Cholera Epidemie
Suche nach Nahrung - viele Simbabwer haben nichts zu essenBild: picture-alliance/ dpa

40 US $ gehen für die Miete in einer der "Locations", der Schwarzensiedlungen vor den Toren Harares, drauf. Zwei Laibe Brot pro Tag zu jeweils einem Dollar summieren sich zu 60 Dollar im Monat – und sind oft die einzige Mahlzeit. Die beiden schulpflichtigen Kinder benötigen jeweils 100 Dollar Schulgebühren pro Halbjahr – eine Verfügung, die ausgerechnet der neue MDC-Erziehungsminister gemacht hat und die viele Simbabwer verärgert. Julius Frau versucht, das Familieneinkommen mit dem Verkauf von Tomaten zu komplementieren, doch seitdem sie die Tomaten in harter Währung kaufen muss, geht das Geschäft schlecht. "We will manage somehow", sagt Julius und sein besorgtes Gesicht verrät, dass dies eine höfliche Lüge ist.

Der Schwarzmarkt blüht

Zimbabwes Präsident feiert Geburtstag
Ein Leben im Luxus - Robert Mugabe an seinem 85. GeburtstagBild: AP

Immerhin hat Julius einen festen Arbeitsplatz. Monatelang musste er sich hänseln lassen, weil er sich mit seinem geringen Angestellten-Gehalt zufriedengab. Vor der Tür des "Meikles" verdienten derweil andere auf dem Devisen-Schwarzmarkt ein Vermögen, vor allem die Minister der Mugabe-Regierung. Sie sind im US-dollarisierten Simbabwe jetzt auf andere Einnahmequellen angewiesen. - wie etwa den Erwerb enteigneter Farmen zu Vorzugspreisen. Die Mugabe-Clique würde es besonders schmerzlich treffen, sollten sich Simbabwes Geber mit ihrer Forderung nach dem Rauswurf von Zentralbankchefs Gono durchsetzen. Der Herr über Simbabwes Notenpresse ist der zentrale Pfeiler des ZANU-PF- Machtapparates. Wenn Staatschef Mugabe die Einkaufstouren seiner Frau Grace – unlängst erwarb sie in Hongkong ein Anwesen für 4,5 Millionen Dollar – weiter alimentieren will, dann benötigt er Entwicklungs-Dollar, Euro und Pfund.

Man könne Gono keine britischen Steuergelder anvertrauen, hat Londons Entwicklungsminister der Wiederaufnahme direkter Budgethilfe bereits eine Abfuhr erteilt. Diese Spekulationen traten am Mittwoch für kurze Zeit in den Hintergrund, als Susan Tsvangirai in ihrem Heimatort beerdigt wurde. "Unsere Kultur besagt, dass wir mit dem Tod unsere Fehden begraben", schrieb ein Kommentator. Viele Simbabwer hoffen, dass der tragische Unfalltod die verfeindeten Regierungslager zusammenschmiedet und Mugabes Besuch an Tsvangirais Krankenbett mehr als ein billiger politischer Schachzug war.

Ludger Schadomsky, zurzeit in Harare

Redaktion: Katrin Ogunsade