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Pittsburgh - ein Erfolg

28. September 2009

Beim Finanzgipfel in Pittsburgh ging es nicht nur um Krisenprävention für die Finanzmärkte. Es wurden auch entwicklungspolitische Themen in den globalen Kontext gestellt, meint <i>Peter Wolff</i> in seiner Gastkolummne.

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Symbolbild Gastkolumne vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (Foto: DW)
Bild: DW

Mit dem am Freitag in Pittsburgh zu Ende gegangenen dritten Gipfeltreffen auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs hat sich die G-20 ganz offensichtlich als das Forum der globalen Wirtschaftskooperation etabliert. Man wird sich im Zeichen der Krise 2010 noch zweimal treffen, im Juni in Kanada und im November in Korea. Danach geht das Format in einen jährlichen Rhythmus über und löst damit die G-8 faktisch ab.

In Pittsburgh wurden die bereits beim Londoner Gipfel im April 2009 vereinbarten Veränderungen der institutionellen Architektur festgeklopft: Mit Unterstützung der großen Entwicklungsländer werden die Internationalen Finanzinstitutionen weiter gestärkt, mit den bereits vereinbarten zusätzlichen Mitteln für den IWF und Kapitalerhöhungen für Weltbank und regionale Entwicklungsbanken.

Nord-Süd-Diskurs bald obsolet

Dr. Peter Wolff, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (Foto: d.i.e.)
Dr. Peter Wolff, Deutsches Institut für EntwicklungspolitikBild: DIE

Der Preis, den die Industrieländer für die Zustimmung der Entwicklungsländer zu dieser Stärkung der im Süden ungeliebten Institutionen zahlen, ist auf den ersten Blick nicht hoch: Sie geben beim IWF fünf Prozent und bei der Weltbank drei Prozent ihrer Stimmrechte an aufstrebende Entwicklungsländer ab. Das ändert wenig an den grundlegenden Machtverhältnissen und wird vor allem auf Kosten einiger kleiner europäischer Länder gehen. Es ist schon erstaunlich, wie rasch sich die Entwicklungsländer in der G-20 auf diesen "Deal" zur Stärkung der Rolle der internationalen Finanzinstitutionen eingelassen haben. Er ist im Übrigen auch die Voraussetzung dafür, dass China, Brasilien und andere Schwellenländer dem Währungsfonds jetzt weitere Mittel zur Krisenbekämpfung, zum Beispiel in Osteuropa, zur Verfügung stellen. Der alte Nord-Süd-Diskurs – er gehört bald der Vergangenheit an.

Man merkt der Abschlusserklärung an, dass die Klimakonferenz von Kopenhagen naht. Zwar gibt es keine Festlegungen auf Emissionsziele. Stattdessen wird viel über nachhaltige Wachstumspolitiken räsoniert. Für die Entwicklungsländer relevant: Der Weltbank wird eine Führungsrolle in der Klimapolitik zugestanden; die G-20-Finanzminister sollen noch vor Kopenhagen die Optionen der Finanzierung der Klimapolitik prüfen; Programme für die Versorgung der Armen mit erneuerbaren Energien werden propagiert, und die G-20-Länder verpflichten sich dazu, die Subventionen für fossile Energien abzubauen und sie durch gezielte Sozialtransfers für die Armen zu ersetzen. Das ist eine gewaltige Herausforderung für Länder wie Indien und Indonesien, wo große Teile der Staatshaushalte für ebendiese Subventionen, überwiegend zugunsten der städtischen Mittelklassen, ausgegeben werden.

Neuer Protektionismus?

Die in der G-20 vertretenen Entwicklungsländer sind bisher relativ gut durch die Krise gekommen, allen voran China, dank ihrer vergleichsweise guten Wirtschaftspolitik vor der Krise, die ihnen auch den Spielraum für stabilisierende Konjunkturprogramme verschafft hat. Dabei sind die Interessen der ärmeren und kleineren Entwicklungsländer häufig missachtet worden. Die Förderung nationaler Wirtschaftssektoren mit den Stützungsprogrammen und eine ganze Reihe von protektionistischen Maßnahmen haben das heimische Wachstum gestärkt, gingen aber zulasten anderer Entwicklungsländer, die keine Spielräume für Konjunkturprogramme haben. Der Protektionismus äußert sich dabei weniger in Zöllen, sondern vielmehr in nationalen Subventionen und der politischen Präferenz für heimische Unternehmen. Die meisten Mitglieder der G-20 haben sich nicht an die Vereinbarung ihres ersten Gipfeltreffens gehalten, auf protektionistische Maßnahmen zu verzichten. Mit dem in Pittsburgh nochmals bekräftigten Ziel, 2010 die Doha-Runde zu einem Abschluss zu bringen, muss dieser Prozess wieder rückgängig gemacht werden. Vor allem die wirtschaftlichen Schwergewichte unter den Entwicklungsländern stehen in der Pflicht, ihre Märkte wenigstens zugunsten ärmerer Entwicklungsländer zu öffnen.

Teil des Entscheidungsprozesses

In der Abschlusserklärung von Pittsburgh wird mehrfach darauf abgehoben, dass mehr Wachstum in Entwicklungsländern ein zentrales Element für den globalen Weg aus der Krise sein muss. Eine ganze Reihe von Maßnahmen wird aufgelistet, um den Zugang zu Nahrungsmitteln, Energie und Finanzdienstleistungen in Entwicklungsländern zu verbessern, Wachstum zu fördern und das Absinken großer Gruppen in die Armut zu verhindern. Vieles daran ist nicht neu. Bemerkenswert ist jedoch, dass jetzt mit der G-20 nicht nur krisenbedingte Spezialthemen wie Banker-Boni und Finanzmarktregulierung, sondern auch entwicklungspolitische Themen in einen globalen Kontext gestellt und auf höchster Ebene erörtert werden. Das hatte zwar auch schon die G-8 getan, etwa in Gleneagles 2005, wo mit paternalistischer Geste mehr Hilfe für die Entwicklungsländer versprochen wurde. Dass die großen Entwicklungsländer jetzt Teil des Entscheidungsprozesses sind, ist sicherlich eines der positiveren Ergebnisse der Finanzkrise.

Peter Wolff, Abteilungsleiter "Weltwirtschaft und Entwicklungsfinanzierung", Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

Das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik (DIE) zählt weltweit zu den führenden Forschungsinstituten und Think Tanks zu Fragen globaler Entwicklung und internationaler Entwicklungspolitik. Das DIE berät auf der Grundlage unabhängiger Forschung öffentliche Institutionen in Deutschland und weltweit zu aktuellen Fragen der Zusammenarbeit zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Das einzigartige wissenschaftliche Profil des DIE ergibt sich aus dem Zusammenspiel von Forschung, Beratung und Ausbildung. Dadurch baut das DIE Brücken zwischen Theorie und Praxis der Entwicklungspolitik.