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Häftling X aus Israel

Diana Hodali15. Februar 2013

Israelische Medien wussten nichts über den Häftling australischer Herkunft, der in einem Gefängnis Selbstmord verübt haben soll. Doch der australische Sender ABC deckt die Geschichte auf - zumindest teilweise.

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Das Grab von Ben Zygier in Australien (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Ganz Israel redet über Häftling X. Und dabei geht es nicht um einen neuen Thriller in den Kinos, sondern um eine reale Geschichte. Häftling X, wie er genannt wird, saß von Februar 2010 bis Dezember 2010 im Ajalon-Gefängnis nahe der Stadt Ramle: Angeblich in einer der am besten gesicherten Zellen des Landes, die ursprünglich für den Mörder von Ministerpräsident Jitzhak Rabin gebaut worden war. Doch am 15. Dezember 2010 fand man Häftling X tot in seiner Zelle. Er soll sich umgebracht haben. Niemand wusste etwas davon, bis der australische Fernsehsender ABC am Dienstag (12.02.2013) über den Fall berichtete. ABC enthüllt, dass der 34-jährige Ben Zygier, der seinen Namen mehrfach geändert haben soll, einen australischen und einen israelischen Pass besaß und ein Agent des israelischen Geheimdienstes Mossad gewesen ist. Der Aufschrei in der Politik ist groß. "Ein obskurer Gefangener bringt sich um und niemand weiß was davon? Wie ist das mit rechtsstaatlichen Prinzipien zu vereinbaren?", sagte die Vorsitzende der linksliberalen Meretz-Partei Zehava Galon vor der Knesset. Die Politikerin forderte die Aufklärung des Falls.

Mysteriöser Toter mit zwei Pässen

Zwei Jahre war es dem Staat gelungen, die Affäre unter Verschluss zu halten. Und obwohl auf der anderen Seite der Erdkugel bereits ausgiebig über den mysteriösen Fall berichtet wurde und die sozialen Netzwerke das Thema diskutierten, erschien in der israelischen Presse nichts. Nach Angaben der israelischen Tageszeitung Haaretz habe Ministerpräsident Netanjahu die Chefs großer Medienunternehmen zu sich zitiert und ihnen klar gemacht, dass sie über die Angelegenheit nichts berichten dürften, um die nationale Sicherheit nicht zu gefährden. "Man hat hier eine merkwürdige Situation aufkommen lassen. In Übersee wird darüber berichtet, jeder weiß bereits davon und in Israel ist das Berichten verboten", sagte der ehemalige Mossad-Chef Danny Yatom gegenüber der Tageszeitung Ma’ariv. Aber das habe man ja bereits einen Tag nach der Enthüllung eingesehen und jetzt würde auch in Israel berichtet, so Yatom weiter.

Benjamin Netanjahu (Foto: dapd)
Benjamin Netanjahu wollte Presseberichte über Häftling X verhindernBild: dapd

Israel bestätigte dann am 13.Februar erstmals offiziell die Existenz und den Tod des mysteriösen Gefangenen. Es habe sich um einen israelischen Staatsbürger gehandelt, der auch im Besitz eines ausländischen Passes gewesen sei. Aus Sicherheitsgründen sei er unter falschem Namen geführt worden. Mehr Details wurden nicht bekannt gegeben.

War Zygier am Al-Mabhouh Fall beteiligt?

Aus den ABC-Berichten wird klar: Im Alter von 24 Jahren soll Zygier von Australien nach Israel eingewandert sein. Er diente in der israelischen Armee und heiratete später eine israelische Staatsbürgerin, mit der er zwei Kinder bekam. Es gibt keine Angaben darüber, wann Ben Zygier angefangen hat, für den Mossad zu arbeiten. Welche Aufgaben er dort genau hatte, ist ebenfalls nicht bekannt. Jetzt wird in den israelischen Medien darüber spekuliert, ob er vielleicht an der Ermordung des Hamas-Chefs Mahmoud Al-Mabhouh 2010 in den Vereinigten Arabischen Emiraten beteiligt gewesen ist und eventuell auch mit den Behörden in Dubai kooperiert hat, also womöglich ein Doppelagent war. Im Januar 2010 wurde eine Gruppe mutmaßlicher Mossad-Agenten in einem Hotel dabei gefilmt, wie sie sich auf den Weg zu Al-Mabhouhs Zimmer machte. Wenig später fand man den Hamas-Mann erstickt in seinem Zimmer. Die Polizei von Dubai hatte später die echten oder gefälschten Pässe, mit denen die vermeintlichen israelischen Agenten eingereist waren, veröffentlicht - darunter auch deutsche, australische und britische Pässe. Auch Zygier besaß einen australischen Pass. Wenn der Mossad hinter dem Al-Mabhouh Fall steckt und Zygier auch für den Mossad tätig war: Würde das bedeuten, dass der Mossad vornehmlich Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft akquiriert? Avi Primor, ehemaliger israelischer Botschafter in Deutschland, sagt, dass das eine ganz gängige Praxis des Geheimdienstes sei. "Wenn jemand in geheimer Mission oder gar als Spion unterwegs ist, ist es wichtig, dass er einen zweiten Pass hat, der authentisch ist." Das würden viele Geheimdienste so machen. Zumal israelische Staatsbürger in viele arabische Länder und in den Iran gar nicht einreisen dürfen.

Ein Plakat mit dem Gesicht von Al-Mabhouh (Foto: DPA)
Al-Mabhouh wurde in Dubai umgebracht - angeblich vom MossadBild: picture-alliance/dpa

War er ein Doppelagent?

Fest steht: Nur eine Woche nach den Geschehnissen in Dubai wurde Zygier festgenommen und unter falscher Identität ins Hochsicherheitsgefängnis Ajalon gebracht. Dubais Polizeichef Dahi Khalfan bestreitet unterdessen, dass Zygier mit seinen Behörden kooperiert hat. Ob Zygier in den Fall Al-Mabhouhs involviert war, darüber gibt er keine Auskunft. "Keiner weiß, was die Wahrheit ist. Das sind alles Spekulationen", sagt Avi Primor.

Die wirklichen Gründe für die Verhaftung von Ben Zygier im Februar 2010, die Umstände des angeblichen Suizids sowie die Geheimhaltung des ganzen Falles bleiben vorerst ungeklärt. Der bekannte Anwalt Avigdor Feldman traf Zygier noch kurz vor dessen Tod. Es habe Verhandlungen über eine Einigung mit der Staatsanwaltschaft gegeben, sagte er dem israelischen Armeesender Galei Tzahal. Einen Tag nach Feldmans Gespräch mit Zygier war dieser bereits tot. Der Leichnam wurde nach Angaben von ABC im Dezember 2010 nach Melbourne geflogen und dort auf dem jüdischen Friedhof beerdigt.