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Obamas Traum

6. April 2009

"Wichtiges Signal", "gutes Beispiel", "wirkliche Chance" - Obamas Idee einer atomwaffenfreien Welt kommt bei den deutschen Politikern gut an. Es gibt aber auch skeptische Stimmen.

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Barack Obama bei seiner Rede vor der Prager Burg (Foto: AP)
Zeigt in eine atomwaffenfreie Zukunft: Barack ObamaBild: AP
Steinmeier bei einer Pressekonferenz (Foto: AP)
Steinmeier begrüßt Obamas Vision (Archivbild)Bild: AP

"Ich begrüße, dass sich Obama zur Vision einer atomwaffenfreien Welt bekennt, auch wenn der Weg dorthin lang und mühevoll sein mag", sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth lobte: "Diese beeindruckende Rede kann eine wichtige historische Wende einleiten" und FDP-Außenpolitiker Werner Hoyer meint, Obamas Bekenntnis sei "ein Signal, auf das die Welt lange gewartet hat".

Barack Obama eint die deutschen Politiker. Egal, welcher politischen Couleur sie auch angehören mögen - alle scheinen Obamas Vorhaben, eine Welt ohne Atomwaffen zu schaffen, zu unterstützen . Ähnlich sieht es auch in der deutschen Bevölkerung aus. "Ich glaube, dass es eine Chance ist. Obama geht wirklich auf die Partner zu, daher ist da etwas möglich", sagt ein Student. "Super, das kann man doch nur versuchen, immer wieder aufs neue", findet ein Rentner. Andere Bonner Passanten sind etwas zurückhaltender: "Das ist eine schöne Vorstellung, aber nicht realisierbar", fürchtet eine junge Frau, und ein älterer Herr pflichtet ihr bei: "Sehr erstrebenswert, aber eine Utopie, die sich nicht wird realisieren lassen."

Ein realistischer Vorschlag?

Obama und Medwedew sitzen nebeneinander und sprechen miteinander (Foto: dpa)
Kann Obama ihn überzeugen? Ohne Medwedew kein AtomwaffenausstiegBild: picture-alliance/ dpa

Realisierbar ist eine atomwaffenfreie Welt nur, wenn alle mitmachen - und das dürfte nicht ganz einfach werden. So zeigten sich russische Medien und Sicherheitsexperten am Tag nach Obamas Rede eher skeptisch. Der Tenor: Ohne Atomwaffen verliere Russland aufgrund der schwächer gewordenen konventionellen Streitkräfte an Macht und Einfluss. Daher werden sich die Kreml-Chefs wohl nicht auf Obamas Vision einlassen.

Zu viel Euphorie verbietet auch ein Blick in die Geschichte. Schließlich ist die Idee einer atomwaffenfreien Welt nicht ganz neu. 1986 standen der damalige sowjetische Generalsekretär Michael Gorbatschow und der US-Präsident Ronald Reagan auf dem Gipfel von Reykjavik kurz vor einer Einigung, atomare Lang- und Mittelstreckenraketen abzuschaffen. Am Ende scheiterte das Vorhaben an Reagen, der an seinem Raketenabwehrprogramm SDI (Strategic Defense Initiative) festhalten wollte. Er sagte damals: "SDI ist die amerikanische Sicherheitsgarantie für den Fall, dass die Sowjets schießen. Das haben sie in der Vergangenheit oft getan, sie haben sich oft nicht an ihre Versprechen gehalten."

"Leute sind politisch träger geworden"

Blick über die Demonstrationsteilnehmer am 13. Juni 1987 im Bonner Hofgarten (Foto: dpa)
1987: Über 100.000 Menschen demonstrieren im Bonner Hofgarten gegen AtomwaffenBild: picture-alliance/ dpa

Die Welt behielt ihre Atomwaffen, trotz vieler Proteste und einer starken Anti-Atomkraft-Bewegung. Vielleicht hätte heute eine neue Abrüstungsbewegung mit Obama als geistigem Anführer mehr Erfolg. Doch eine so starke Bewegung wie in den 80er-Jahren ist nicht in Sicht. "Ich glaube, die Leute sind politisch träger geworden, als sie es damals waren", sagt ein Bonner Student. "Die Menschen lassen sich nicht mobilisieren. Wir waren früher stärker engagiert", berichtet eine Frau, die in den 80er-Jahren aktiv gegen die militärische Aufrüstung demonstrierte.

US-Präsident Obama ist kein Träumer. Er weiß, dass sein Vorhaben einer atomwaffenfreien Welt lange eine Vision bleiben wird. Er weiß, dass er diese Welt wahrscheinlich nicht mehr erleben wird, dass es hier um einen Zeitraum von Generationen geht. Die Botschaft ist ihm dennoch wichtig. "Jetzt müssen wir die Stimmen ignorieren, die sagen: Wir können die Welt nicht ändern. Wir müssen darauf bestehen: Yes we can!"

Autor: Benjamin Wüst
Redaktion: Julia Elvers-Guyot