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Obamas Wünsche

29. April 2009

Die transatlantischen Beziehungen haben unter dem US-Präsidenten Bush gelitten. Mit dem Demokraten Obama soll nun alles anders werden. Doch worin unterscheidet sich dessen Europapolitik von der seines Vorgängers?

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Angela Merkel und Barack Obama beim NATO-Gipfel im April 2009 in Kehl (Foto: AP)
Obama wünscht sich auch von Deutschland eine enge ZusammenarbeitBild: AP

Mit Barack Obama ist ein neuer Ton ins Weiße Haus eingezogen. Er wolle zuhören und nicht bestimmen, hat der neue Präsident gleich von Anfang an erklärt. Und das kommt international gut an, vor allem in Europa. Aber die globale Charmeoffensive hat nicht nur mit Obamas Persönlichkeit zu tun. Denn wenn der Präsident die Wirtschaft aus der Rezession bringen, die internationalen Krisenherde befrieden, die so genannten "Schurkenstaaten" zurück in die Staatengemeinschaft holen und eine neue Klimapolitik machen will, dann benötigt er Verbündete, dann braucht er Europa. Zwar gebe es oft keine einheitliche europäische Außenpolitik, aber immerhin herrsche inzwischen in Europa bei einigen wichtigen Themen wie beispielsweise dem Klimawandel Konsens, sagt Karen Donfried, Vizepräsidentin des German Marshall Funds.

EU und USA müssen Probleme gemeinsam angehen

Ein Mann zwischen Fahnenmasten beim EU-USA-Gipfel in Prag im April 2009 (Foto: AP)
Die EU spricht nicht immer mit einer StimmeBild: AP

Grundsätzlich wünsche sich die US-Regierung ein starkes, einiges Europa, sagt auch Jackson Janes, Leiter des American Institute for Contemporary German Studies. Das sei allerdings inhaltlich nichts neues, sondern nur eine Fortsetzung der jüngeren US-amerikanischen Außenpolitik. Denn zum Schluss habe sogar Ex-Präsident George W. Bush erkannt, dass es ohne die Europäer nicht geht. "Der Unterschied liegt im Ton, nicht in der Praxis", fügt Janes jedoch hinzu. Es müsse erst einmal bewiesen werden, dass die USA und Europa gemeinsam an Probleme herangehen können. Zudem spielten dabei auch Russland und der Nahe Osten eine gewichtige Rolle. Und Jackson Janes fragt: "Wo kann eigentlich die EU als solche agieren, und wo muss nach wie vor ein Nationalstaat wie Frankreich, Deutschland oder England die Führung übernehmen?"

Ohne Deutschland keine Annäherung an Russland

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier unterhält sich am im Bundestag in Berlin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (Foto: dpa)
Partner in der Koalition - Gegner im Wahlkampf: auch ein Problem für ObamaBild: picture-alliance/ dpa

Tatsächlich muss der US-Präsident immer wieder auf einzelne EU-Staaten schauen, um Probleme gemeinsam zu lösen. Wenn die USA das Verhältnis zu Russland auf eine neue Grundlage stellen wollen, sagt Janes, dann brauchen sie dafür Deutschland. "Denn wenn Russland auf Europa schaut, dann sieht es zunächst einmal: Berlin."

Wichtig ist Deutschland auch für Präsident Obamas neue Afghanistan-Politik. Dieser sei sich aber durchaus bewusst, dass er angesichts der Bundestagswahl im September keine großen Forderungen an Deutschland stellen könne, meint Karen Donfried vom Marshall Funds: "Gegner der Kanzlerin ist der Außenminister, und das wird für Barack Obama gerade beim Thema Afghanistan eine Herausforderung sein, wenn er auf Unterstützung der Deutschen hoffen will."

Streitpunkt Afghanistan

Aber der US-Präsident benötigt nicht nur Soldaten, sondern auch Geld und zivile Aufbauhelfer. Und da erhofft er sich einiges von den Europäern, auch von Deutschland. Und noch etwas viel grundsätzlicheres ist wichtig, sagt Jackson Janes: Dass die Europäer die Bedrohungssituation in Afghanistan genauso einschätzen wie die Amerikaner. "Nur dann können wir sehen, wie die Bedrohung gemeinsam abzubauen ist."

Der amerikanische Präsident erwarte von den Europäern, dass sie sich seinem Konzept der Regionalisierung anschließen, also der Erkenntnis, dass die Lösung des Afghanistan-Konflikts mit der Situation im Iran, vor allem aber mit Pakistan verbunden ist. Der EU-Pakistan-Gipfel in den nächsten Wochen werde daher auch von Washington mit großem Interesse verfolgt.

Grundsteine sind gelegt

In den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit hat Barack Obama den Grundstein gelegt für die Zusammenarbeit der USA mit Deutschland und Europa. Aber schon bald muss er dem heimatlichen Publikum beweisen, dass er für seine neue Politik auch Gegenleistungen bekommt. Es ist noch zu früh, sagt Karen Dornfried vom German Marshall Funds, um sich ein Urteil zu bilden. Der große Test zu Hause kommt für Obama zur Halbzeit seiner Präsidentschaft: bei den Kongresswahlen im November 2010.

Autorin: Christina Bergmann
Redaktion: Anne Herrberg