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Was will man machen

Ralf Hoogestraat, Washington D.C.8. Juli 2004

Der Terror gehört weltweit zum Alltag. Immer wieder wird vor Anschlägen gewarnt - besonders in den USA. Aber gerade dort fragt sich die Bevölkerung, ob wirklich auch überall Terror drin ist, wo Terror drauf steht.

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El Kaida plant einen Grossangriff auf die USA vor den Wahlen im November, um den demokratischen Prozess zu stören oder zu unterbrechen. Das hat Tom Ridge, der Minister für die Heimatverteidigung, mit ernster Stimme verkündet. Genaues wisse man nicht. Weder wann, wo oder durch wen der Anschlag stattfinden werde, an diesen Informationen arbeite man gerade ziemlich aktiv, sagte der Minister.

Nicht spezifisch

Aber das Gefahrenthermometer bleibt auf Gelb und wird nicht auf Orange oder Rot erhöht. Und dann wird gleich wieder beruhigt. Bill Frist, Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, war vorher gebrieft worden. Er sagt, die Geheimdienst-Informationen seien nicht sehr spezifisch und es gebe keinen Grund zur Panik.

Das Leben gleicht einer Achterbahnfahrt. Die Lage ist ernst, sehr ernst, aber man solle sich davon den Spaß am Leben nicht verleiden lassen. Shop til you drop, wörtlich gemeint. Trotz all der Gefahr soll man schön weiter einkaufen gehen, damit es mit der Wirtschaft wieder aufwärts geht. Das ist nämlich der zweite Satz der Politiker, wann immer sie im ersten vor Anschlägen gewarnt haben. Ja was denn nun, geht die Welt unter oder nicht, fragt man sich da.

Urlaub auf der Ranch

Aber Politiker in Amerika haben es auch nicht einfach, was die Terrorwarnungen betrifft. Vor den Anschlägen des 11. September 2001 hatte der Präsident eine Geheimdienstakte in der Hand gehabt, in der die Anschläge ziemlich genau vorhergesagt wurden, aber Bush Junior hatte gerade seinen verdienten Jahresurlaub auf seiner Ranch angetreten und hatte die Warnungen nicht ernst genommen.

Jetzt wird vor neuen Anschlägen gewarnt, wenn ein Moskito im Tiefflug auf das Weiße Haus zusteuert. Und immer weniger Menschen nehmen die Warnungen ernst. Viele meiner amerikanischen Freunde sehen es fatalistisch. Irgendwann wird wieder etwas passieren und es wird wahrscheinlich ziemlich schlimm sein, meinen sie. Aber was kann man machen.

Bevorstehendes Armageddon

Die Journalisten-Kollegen in Deutschland fragen schon gar nicht mehr nach den Hintergründen, wenn wieder ein US-Minister vor dem unmittelbar bevorstehenden Armageddon warnt. Die deutschen Steuergelder verschwinden in einem schwarzen Loch, das ist spannender als der amerikanische Weltuntergang.

Und Michael Moore, die Leni Riefenstahl der US-Demokraten, meint ohnehin, dass das Wahlvolk mit den ständigen Terrorwarnungen nur gezielt verunsichert werden soll, damit es im November brav wieder George Bush wählt.

Doch was dran?

Aber was ist, wenn doch was dran ist. Wenn Turban-Terror-Fürst Osama tatsächlich auf den Wahlparteitagen oder zum Wahltag in den USA zuschlagen lässt. In Spanien hatte er damit indirekt den Wahlausgang beeinflusst. Das wäre schon ziemlich gefährlich: So sehr man den gegenwärtigen Bewohner des Weißen Hauses auch schätzen oder ablehnen mag, seine Weiterbeschäftigung sollte in einer demokratischen Wahl entschieden werden, nicht von einem Fanatiker, der in seinen Helden-Träumen noch immer die Kreuzfahrerheere des elften Jahrhunderts bekämpft.