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Pentagon beunruhigt

17. August 2010

Das Pentagon ist beunruhigt: China beschleunige Ausbau und Modernisierung seiner Waffenarsenale und treibe die Cyber-Kriegsführung voran. In Peking verbittet man sich die Einmischung.

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Ein Besucher vor einer Rakete im Volksmilitärmuseum in Peking 2005 (Foto: AP)
Laut Pentagon verfügt China über 1150 Kurzstrecken-RaketenBild: AP

China ist nicht nur auf dem Weg zur ökonomischen, sondern auch zur militärischen Supermacht. Keinen Tag alt sind die Meldungen über Chinas Aufstieg zur zweitgrößten Wirtschaftsmacht, da berichtet das US-Verteidigungsministerium über den Vormarsch Pekings auf militärischem Gebiet. China habe die Modernisierung seiner Streitkräfte beschleunigt und ausgeweitet, heißt es in einem Bericht des Pentagons. Beklagt wird darin auch ein Mangel an Transparenz, der zu Missverständnissen und Fehleinschätzungen führen könne. Noch immer, so das Pentagon-Papier, "bestehen viele Unsicherheiten darüber, wie China seine zunehmenden militärischen Fähigkeiten nutzen wird." Offensichtlich wolle China den Einsatzbereich seines Militärs ausweiten und die Vorherrschaft der USA im Pazifik zurückdrängen.

Der Pentagon-Bericht hebt zudem Fortschritte in Chinas Möglichkeiten zur elektronischen Kriegsführung hervor. 2009 seien zahlreiche Computer weltweit Ziel von Angriffen geworden, "die ihren Ursprung offenbar in der Volksrepublik hatten." Darunter waren auch US-Regierungsrechner. Unklar aber bleibe, ob die Volksbefreiungsarmee hinter den Hacker-Attacken stecke oder sie unterstütze. Der Ausbau der Cyber-Kriegsführung decke sich jedoch mit schriftlichen Erklärungen der Militärs, heißt es laut Agentur-Berichten in dem Pentagon-Papier.

Demonstration militärischer Stärke: Parade auf dem Tiananmen-Platz zum 60. Jahrestag der Volksrepublik (Foto: AP)
Demonstration militärischer Stärke: Parade zum 60. Jahrestag der Volksrepublik China am 1. Oktober 2009Bild: AP

Wachsender Vorsprung gegenüber Taiwan

Dem Bericht des US-Verteidigungsministeriums zufolge verfügt die Volksrepublik mittlerweile über bis zu 1150 Kurzstreckenraketen und ist dabei, ihr Arsenal um Mittelstreckenraketen zu erweitern. Zudem würden Artilleriegeschütze entwickelt, mit deren Hilfe Taiwan vom Festland aus beschossen werden könnte, heißt es in dem Bericht. China modernisiere überdies sein Atomwaffenarsenal und baue seine U-Boot-Flotte aus.

Insbesondere eine Verschiebung des Kräfteverhältnisses an der Taiwan-Straße beobachtet Washington mit Sorge. Hatten sich die Beziehungen zwischen China und Taiwan zuletzt verbessert, schließt Peking militärisches Vorgehen gegen Taiwan nach wie vor nicht aus. In dem Pentagon-Bericht heißt es dazu, die umfassende Modernisierung der Streitkräfte "erweitert Chinas Optionen, seine militärische Stärke einzusetzen, um diplomatische Vorteile zu erlangen oder Streitigkeiten zu seinem Vorteil zu lösen".

Neben dem Konflikt mit Taiwan liegt China mit weiteren Nachbarn im Streit über Territorialansprüche und Rohstoffvorkommen in Seegebieten. Peking entwickele nun, so glauben die Autoren des Pentagon-Papiers, "überlappende, mehrschichtige offensive Einsatzmöglichkeiten", die bis in den Westpazifik reichten. Das solle die amerikanischen Streitkräfte daran hindern, Taiwan im Kriegsfall zu Hilfe kommen zu können.

Peking: "Eigenwillige Kommentare"

Angehöriger verschiedener Waffengattungen singen patriotische Lieder, Aufnahme aus Peking 2009 (Foto: AP)
"Unsicherheiten, wie China militärische Fähigkeiten nutzen wird"Bild: AP

Als Reaktion auf die Analyse des Pentagons erneuerte Taiwans Regierung ihren Aufruf an die USA, Taipeh Kampfjets und U-Boote zu verkaufen. "Wir hoffen, dass die USA Taiwan mit Verteidigungswaffen versorgen können", sagte ein Sprecher des taiwanesischen Verteidigungsministeriums am Dienstag (17.08.2010). US-Rüstungsgeschäfte mit Taiwan lösen in Peking immer wieder verärgerte Reaktionen aus.

Unterdessen wiesen chinesische Staatsmedien den Pentagon-Bericht am Dienstag als "Einmischung in innere Angelegenheiten" zurück. Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua kritisierte "eigenwillige Kommentare" über Pekings Beziehungen zu Taiwan. Chinesische Sicherheitsexperte bescheinigten dem Bericht gleichwohl auch einen "vorsichtigen und moderaten Ton". Mit seiner alljährlichen Analyse über Chinas Militärpotential hat sich das Pentagon in diesem Jahr länger Zeit gelassen als üblich - und vermutlich besonders viel Mühe gegeben. Präsident Barack Obama will kein chinesisches Porzellan zerschlagen.

Autor: Sven Töniges (dpa, afp, apn)

Redaktion: Carolin Hebig