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WAZ-Konzern erobert Südosteuropa

Zoran Arbutina20. Mai 2005

Die deutsche WAZ-Gruppe investiert verstärkt in Südosteuropa und kontrolliert dort bis zu 70 Prozent des Zeitungsmarkts. Geschäftsführer Bodo Hombach sieht darin kein Problem für die Meinungsvielfalt.

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WAZ-Druckerei in BulgarienBild: dpa Zentralbild

Seit etwa vier Jahren ist Bodo Hombach Geschäftsführer der WAZ-Medien-Gruppe, die ihren Sitz in Essen hat. Davor war er als erster Koordinator des "Stabilitätspaktes für Südosteuropa" tätig. Aus dieser Zeit kennt er die Länder und hat auch zahlreiche persönliche Kontakte. Hombach ist überzeugt, dass ganz Südosteuropa bald ein Teil des gemeinsamen Europas sein wird. Das Engagement der WAZ-Gruppe in dieser Region erklärt er mit dem strategischen Interesse, frühzeitig in solchen Märkten aktiv zu sein:

"Unser Engagement ist verlagswirtschaftlich motiviert. Aber wer glaubt, er könne jetzt nach Südosteuropa gehen und kurzfristige Profite machen, der irrt sich völlig", sagt Hombach. Wer heute in diesen schwierigen Märkten investiere, müsse auch Rückschläge in Kauf nehmen. Er betrachtet die südosteuropäischen Aktivitäten seines Konzerns als Zukunftsinvestition und glaubt an die positive Entwicklung dieser Region.

Droht der Region ein Meinungsmonopol?

In ihrem Engagement auf dem Balkan ist die WAZ-Gruppe vor allem daran interessiert, die finanzielle Kontrolle über die Verlagshäuser und ihren Druckereien zu übernehmen, sowie über die Vertriebswege der Printmedien.

Die bisherigen Zahlen wirken für viele besorgniserregend: In Kroatien etwa besitzt die WAZ-Gruppe die Hälfte des größten Zeitungsverlages, "Europa-Press-Holding", und kontrolliert rund 70 Prozent des Marktes der Printmedien. In Serbien gehört dem Konzern die Hälfte des angesehen Verlages "Politika", in Montenegro die Tageszeitung "Vijesti" und in Rumänien "National" und "Romania libera". Und in Bulgarien kontrolliert die Gruppe etwa zwei Drittel des Marktes.

Bodo Hombach
WAZ-Mann Bodo Hombach: Wir kommen nur, wenn man uns ruft

Kritiker warnen, dass die WAZ durch ihre herausragende Stellung ein Meinungsmonopol in diesen Ländern erringen könnte. Den Befürchtungen, die WAZ werde die Journalisten beeinflussen, tritt Bodo Hombach entschieden entgegen. Kein einziger Journalist sei je von seinem Konzern beeinflusst worden. Im Gegenteil: "Es gibt viele Fälle, wo sich Journalisten oder andere Hilfe suchend an uns gewandt haben, weil sie unter den Druck ihrer heimatlichen Politik gerieten. Wir haben sie gegen derartige Beeinflussungsversuche geschützt."

Sozialverträgliche Sanierung

Auch die in der Region recht verbreitete Befürchtung, der große deutsche Konzern werde im Rahmen der Sanierung der aufgekauften Verlage vor Entlassungen nicht zurückschrecken, haben sich bisher nicht bewahrheitet. Zahlreiche Mitarbeiter haben sogar Lohnerhöhungen bekommen. Gegenwärtig gebe es eben doch noch andere Möglichkeiten, profitabel zu wirtschaften, so Hombach. Eine sozialverträgliche Sanierung ist vor allem deshalb möglich, weil die Lohnkosten in den fraglichen Ländern so niedrig sind. Hinsichtlich Technik und Organisation gibt es allerdings noch einiges zu tun, räumt Hombach ein: "Da ist noch sehr viel Luft drin".

"Unsere Möglichkeiten sind zu groß"

Obwohl in vielen Ländern Südosteuropas aktiv, hat die WAZ-Gruppe bisher weder in Bosnien-Herzegowina, noch im Kosovo oder in Albanien investiert. Das liegt an der Unternehmensphilosophie, die da lautet: Klopfe niemals an eine Tür, um zu fragen, ob es etwas zu kaufen gibt. "Es gibt keinen einzigen Fall, wo wir selber aktiv geworden sind", illustriert Hombach diese Haltung. Investmentbanker, die Kaufangebote einholen? Nicht Hombachs Stil. Derartige Methoden habe man gar nicht nötig: "Dazu sind, ehrlich gesagt, unsere Möglichkeiten auch zu groß", sagt Hombach.

Schließlich gibt es in vielen Ländern bemerkenswerte Bewegungen auf dem Zeitungsmarkt. Zahlreiche Regionalzeitungen aus Russland, aus der Ukraine oder aus Indien suchen finanzkräftige internationale Partner. Sogar aus China hat die WAZ erste Angebote bekommen. Und auf dem globalen Markt werden mittlerweile sogar Lokalzeitungen gehandelt.