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WAZ-Mediengruppe: "Langfristiges Engagement in Südosteuropa"

12. Mai 2005

Die deutsche WAZ-Gruppe hält Besitzanteile an zahlreichen Printmedien in Südosteuropa. Im Interview mit DW-RADIO spricht Geschäftsführer Bodo Hombach über den Vorwurf der Einflussnahme und unabhängigen Journalismus.

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WAZ-Druckerei in Bulgarien: Marktbeherrschende Stellung?Bild: dpa Zentralbild

DW-RADIO/Bosnisch: Warum investiert die WAZ-Gruppe in SOE, warum ist diese Region für die WAZ so interessant?

Bodo Hombach: Südosteuropa ist zukünftig gemeinsames, integriertes Europa. Von daher ist es aus unserer Sicht ein großes strategisches Interesse, frühzeitig in solchen Märkten zu sein und gleichzeitig daran mitzuwirken, dass sich solche Länder auch tatsächlich schnell positiv ökonomisch entwickeln; dass sie schnell Mitglied des gemeinsamen europäischen Hauses werden. Es ist also ein doppeltes Interesse.

Nach welchen Prinzipien handelt die WAZ-Gruppe in ihrem Engagement in Südosteuropa?

Wir haben ein Prinzip, das sehr interessant ist für Südosteuropa. Wir kümmern uns sehr intensiv um die verlagswirtschaftliche Seite, um die Technik, um die Distribution. Wir lassen aber die Redaktionen unabhängig arbeiten, das heißt jede Redaktion kann ihren eigenen Stil entwickeln unter der Führung eines Chefredakteurs. Wir sind keine Gruppe, die meint: Weil wir die Verlagswirtschaft haben oder uns die Druckmaschinen gehören, müssten wir auch die Linie von Blättern bestimmen. Das erlaubt ein hohes Maß an Pluralität.

Die WAZ-Gruppe versucht auch in Südosteuropa ökonomisch zu wirtschaften, das heißt das Geld zu verdienen. Andererseits ist aber in den Balkan-Ländern die Kaufkraft der Bevölkerung nicht sehr groß, eher klein bis mäßig. Wie passt das zusammen?

Unser Engagement ist verlagswirtschaftlich motiviert. Aber wer glaubt, er könne jetzt nach Südosteuropa gehen und kurzfristige Profite machen, der irrt sich völlig. Das ist ein langfristiges Investment. In der jetzigen Phase muss man auch Verluste und Rückschläge in Kauf nehmen. Das sind schwierige Märkte, aber wir nehmen das in Kauf, um langfristig mit der positiven Entwicklung dieser Länder, und mit dem Weg nach Europa selber auch Schritt zu halten. Das ist eine Zukunftsinvestition.

Die WAZ-Gruppe kontrolliert in verschiedenen Ländern das Grossteil des Marktes für die Printmedien. Kritiker sprechen von Meinungsmonopol. Beeinflussen Sie die Arbeit der Journalisten?

Es gibt keinen einzigen Fall, keinen einzigen. Das werden Sie von keinem einzigen unserer Journalisten hören, dass eine solche Unterstellung stimmen würde, wo wir in einer Redaktion interveniert haben und gesagt haben: Ihr müsst das so oder so schreiben. Ganz im Gegenteil: Es gibt Belege dafür, viele Fälle, wo Journalisten oder andere sich hilfesuchend an uns gewandt haben, weil sie unter dem Druck ihrer heimatlichen Politik gerieten, und wir haben sie gegen Einflussnahme und Druck geschützt.

Heißt das, dass Sie sich gar nicht einmischen und dass jeder schreiben kann was er will?

Wir bekennen und ausdrücklich und auch schriftlich und vereinbarungsgemäß zu dem Werterahmen der OSZE: Gewaltfreiheit, gegen Nationalismus, gegen Unterdrückung von Minderheiten, für die Entwicklung der Demokratie, auch europäische Gesinnung. Diesen Werterahmen muss es geben. Wir würden uns nicht mit Titeln identifizieren, die zu Gewalt aufrufen, Unterdrückung von Minderheiten oder gar Kriege gut heißen oder anti-demokratisch sind. In diesem Sinne wollen wir auch unsere Verantwortung wahrnehmen – für Journalistenausbildung verstärkt sorgen, für Dialog und anderes.

Die WAZ-Gruppe hat in zahlreiche Zeitungen und Verlage in Kroatien, Serbien, Montenegro, Mazedonien, Bulgarien, Rumänien oder Ungarn investiert, aber nicht in Bosnien/Herzegowina, in Albanien und in Kosovo. Warum?

Wir haben noch niemals aktiv an der Tür einer Zeitung geklopft und haben gesagt: Hier sind wir, wir wollen Dich. Das gibt es nicht. Wir reagieren immer erst, wenn uns aus dem Zeitungstitel jemand fragt: Seid Ihr nicht interessiert? Oder wenn uns jemand im Privatisierungsprozess auffordert, mitzubieten. Es gibt keinen einzigen Fall, wo wir selber aktiv geworden sind, oder einen Investmentbanker hingeschickt hätten, der gesagt hätte: Was kostest Du? Dazu sind, ehrlich gesagt, unsere Möglichkeiten auch zu groß.

Das Interview führte Zoran Arbutina
DW-RADIO/Bosnisch, 4.5.2005, Fokus Ost-Südost