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Zwischen Geschäftsideen und Fake News

8. November 2017

Investoren suchen beim Web Summit nach erfolgsversprechenden Geschäftsmodellen, während Medienfachleute die Gefahren von sozialen Netzwerken wie Facebook diskutieren. Aus Lissabon berichtet Jochen Faget.

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Portugal | Web summit 2017
Bild: imago/GlobalImagens/F. Amorim

Sultan Al-Maadeed aus Katar sticht unter den Besuchern des Web Summits gleich doppelt heraus: Erstens wegen seines weißen Beduinenanzugs, zweitens, weil er eine der rot-braunen Investor-Identifikationskarten um den Hals trägt. Leute mit solchen Karten sind gesucht, werden ständig angesprochen. Schließlich geht es bei der großen IT-Konferenz auf dem Lissabonner Messegelände seit zwei Tagen bei den mehr als 60.000 Teilnehmern vor allem ums Geld. Geld für Ideen, Unternehmen, Geschäfte.

"Ich suche Firmen, die bereits gut laufen und starkes Wachstumspotenzial haben. Da wollen wir investieren, die wollen wir als langfristige Partner", sagt der Mann aus Katar. Sein Unternehmen habe bisher nur Geld in Unternehmen aus den USA gesteckt, jetzt wolle es nach Europa expandieren.

Portugal Web Summit 2017 Lissabon
Sultan Al-Maadeed mit InvestorenkarteBild: DW/J. Faget

Der Web Summit sei dafür ideal. Dabei setze er nicht auf Neugründungen, sondern auf bereits erprobte Geschäftsideen: "Unsere idealen Partner haben Firmen, die bereits gut laufen und Geld brauchen, um zu expandieren. Gern auch weltweit." Konkrete Abschlüsse hat Al-Maadeed noch nicht getätigt, aber eine App, die ihren Benutzern aufgrund von Gen-Daten hilft, gesund zu leben, hat es ihm schwer angetan: "Eine tolle Idee! Unglaublich, dass man so etwas machen kann."

Fake News und ihre Gefahren

Während die einen Geschäftsideen suchen, kümmern die anderen sich auf der Hauptbühne um die großen Zusammenhänge. Am zweiten Tag vor allem um Kommunikation - Stichwort Fake News: Da versprach Ann Mettler von der Europäischen Kommission, ihre Institution werde Maßnahmen gegen die Falschnachrichtenflut ergreifen. Joseph Kahn von der "New York Times" kritisierte, Facebook und Google gingen mit der Thematik noch immer zu sorglos um. Ihnen gehe es vor allem um kostengünstige, am liebsten kostenlose Inhalte. Dabei müssten gerade diese Konzerne endlich Verantwortung übernehmen, für das, was sie Nachrichten nennen. Auch wenn das - siehe Beispiel "New York Times" - viel Geld koste.

Portugal Web Summit 2017 Lissabon
Bei 60.000 Besuchern gehört Schlangestehen auch zur MittagspauseBild: DW/J. Faget

Eine ganz andere Meinung vertrat Brad Parscale, der Mann, der den Social-Media-Wahlkampf für Donald Trump geführt hat. "Ich twittere gern und hoffe, dass der Präsident mich für seinen Wahlkampf 2020 wieder anstellt", erklärte er. Russische Wahlkampfbeeinflussung? Nachrichten, die nach dem Sozialprofil der User verschickt werden und sie beeinflussen sollen? Trolls fremder Mächte, die sich als zuverlässige Quellen ausgeben? Parscale ist das alles völlig egal. Hauptsache, der Kandidat, für den er arbeitet, wird gewählt.

Wie und wo investieren?

Auch über Geld wurde auf der großen Bühne geredet: Jim Breyer von Breyer Capital und Dana Settle vom Risikokapitalfonds Greycroft erklärten, warum sie einerseits auf Unternehmen wie Spotify und Snapchat setzen, andererseits aber auch ein Auge auf China geworfen haben. Und natürlich auf die Kryptowährungen wie Bitcoin, die langfristig ebenfalls gute Geldanlagen sein.

Portugal Web Summit 2017 Lissabon
Neue Kontakte knüpfen - auch unter freiem Himmel bei Temperaturen um die 20 GradBild: DW/J. Faget

Wer will, kann sein Geld auch in "Uber Fly" stecken, das neueste Projekt des Taxiunternehmens, das sich so gern als Mitfahrgelegenheitsvermittler sieht. Schon 2020 sollen hubschrauberähnliche Flugzeuge über Los Angeles per App buchbar sein, versprach Jeff Holden. Natürlich umweltfreundlich, leise, preisgünstig und in Partnerschaft mit Amerikas Raumfahrbehörde NASA. In Europa dürfte das noch etwas dauern. Da hat Uber in vielen Städten Lizenzprobleme. Auch in Lissabon fahren die Uber-Taxis eigentlich illegal. Um gegen angebliche "Behörden-Schikanen" zu protestieren, stellten die Fahrer am Mittwochnachmittag prompt ihren Dienst ein und machten das Web-Summit-Verkehrschaos so noch ein bisschen größer.

Chance zum Kennenlernen neuer Märkte

Den brasilianischen Investor António Resende hat das nicht weiter gestört, er wollte in den Messehallen nebenan in aller Ruhe europäische Start-ups ansehen. "Das ist nicht leicht, mit einer Investorenkarte um den Hals wirst du ständig angesprochen", scherzt der Mann aus Rio de Janeiro.

Portugal Web Summit 2017 Lissabon
António Resende aus BrasilienBild: DW/J. Faget

Er ist zum ersten Mal beim Web Summit, zum ersten Mal in Europa. "Ich will mir vor allem ein Bild machen von der Szene in Europa, dafür gibt es nichts Besseres, als diese Veranstaltung." Zwar ist Rezende begeistert von dem, was der Web Summit zu bieten hat, übereilte Geschäftsabschlüsse jedoch werde er nicht tätigen: "Ich rede mit so viel Leuten wie möglich, sammle so viele Visitenkarten, wie ich bekommen kann. Entscheiden wird meine Firma dann aber erst später." Wie bei vielen stehen auch bei dem Brasilianer neue Kontakte im Vordergrund  - "Networking" eben.

Das können die Teilnehmer noch bis Donnerstagnachmittag. Um 17 Uhr werden Web-Summit-Chef Paddy Cosgrave und Portugals Präsident Marcelo Rebelo de Sousa die Konferenz beenden. Natürlich mit dem Versprechen, dass es im kommenden Jahr ein neues, noch größeres Treffen in Lissabon geben wird.