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Finanzminister lässt die Kurse purzeln

19. Dezember 2015

Brasilien ist politisch gelähmt und wirtschaftlich am Boden. Da wären Vertrauen bildende Maßnahmen gut. Doch der international angesehene Finanzminister schmeißt hin - und wird von seinem schärfsten Kritiker abgelöst.

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Joaquim Levy und Nelson Barbosa im September auf einer Pressekonferenz in Brasilia (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/U. Marcelino

Es war keine gute Nachricht für Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff: Inmitten der Wirtschaftskrise verlässt einer ihrer wichtigsten Minister das Kabinett. Der international als wichtiger Eckpfeiler der brasilianischen Regierung angesehene Finanzminister Joaquim Levy (links im Bild) verzweifelte an der politischen Blockade zwischen Regierung und Parlament. Der frühere Banker konnte notwendige Reformen und Sparpakete zuletzt kaum durchsetzen. Rousseff hatte ihn bereits mehrfach von einem Rücktritt abzuhalten versucht.

Nun rückt der bisherige Planungsminister Nelson Barbosa (im Bild rechts) an die Spitze des Finanzministeriums. Der linksgerichtete Wirtschaftswissenschaftler ist ein enger Gefährte Rousseffs und einer der schärfsten Gegner von Levys Sparkurs. Die Börse in Sao Paulo reagierte mit einem Kursrutsch um fast drei Prozent.

Einschnitte in die Sozialprogramme

Levy, der früher für den Internationalen Währungsfonds (IWF) gearbeitet hatte, trägt in Brasilien den Spitznamen "Scherenhände" wegen seiner harten Einschnitte bei den Staatsausgaben. Betroffen von den umstrittenen Sparmaßnahmen, über die derzeit im Kongress diskutiert wird, wäre etwa das Prestigeprojekt der seit 2003 regierenden Arbeiterpartei: Das Sozialprogramm 'Bolsa Familia', mit dem Millionen Familien aus der Armut befreit werden sollen. Es könnte um rund 2,5 Milliarden Euro gekürzt werden. Finanzminister Levy verfolgte in seiner erst im Herbst 2014 begonnenen Amtszeit einen liberalen Wirtschaftskurs. Doch die Ziele einer sinkenden Verschuldung und geringeren Inflation konnte er nicht erreichen. Stattdessen liegt die Inflation mit 10,7 Prozent derzeit so hoch wie seit 2002 nicht mehr.

Das von Korruptionsskandalen und wirtschaftlichem Niedergang erschütterte Brasilien steuert auf immer größere Probleme zu. Mit Fitch stufte am Mittwoch eine weitere Ratingagentur die Kreditwürdigkeit der größten Volkswirtschaft Lateinamerikas auf "Ramsch"-Status herab.

Amtsenthebungsverfahren liegt wegen Formfehlern auf Eis

Zudem steht Präsidentin Rousseff stark unter innenpolitischem Druck. Angesichts der Wirtschaftskrise und eines ausufernden Korruptionsskandals um die staatliche Ölfirma Petrobras sind Rousseffs Zustimmungswerte zuletzt auf weniger als zehn Prozent gesunken.

Ein drohendes Amtsenthebungsverfahren ist wegen Formfragen zunächst vom Obersten Gericht ausgesetzt worden. Ihr wird vorgeworfen, Steuergesetze verletzt und Staatsfinanzen manipuliert zu haben, um ihren Wahlkampf im vergangenen Jahr zu finanzieren. Die Präsidentin weist dies zurück. Andere Kritiker machen sie für den Wirtschaftsabschwung in Brasilien verantwortlich.

rb/ww (afp, ap, dpa, rtr)