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Wege aus dem Bildungsnotstand

Silke Ballweg13. Februar 2004

Bildung tut Not. Gerade in Deutschland und gerade bei Migranten-Kindern. Auf der Bildungmesse Didacta in Köln werden Wege gesucht, dieser Not beizukommen.

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Deutsch für ausländische KinderBild: dpa

Die Ergebnisse der so genannten Pisa-Studie über den Bildungsstand von Kindern und Jugendlichen in Europa waren für Deutschland katastrophal. Der europaweite Vergleich, der vor zwei Jahren publiziert worden war, attestierte Deutschlands jüngsten Kindern eine miserable Lese- und Schreibkompetenz, und der Ausbildung der Älteren ein erbärmliches Niveau. In Deutschland löste die Untersuchung eine breite Debatte aus und lenkte den Blick der Öffentlichkeit auf Kindergärten, Schulen und Hochschulen.

Neben vielen Problemen und ungelösten Fragen rückte dabei ein Aspekt in den Mittelpunkt, der vorher selten diskutiert worden war: Die schlechten Deutsch-Kenntnisse der Migranten-Kinder in deutschen Schulen. Auf Europas größter Bildungsmesse, der Didacta in Köln (9. bis 13. Februar 2004), sind Konzepte zu entdecken, wie Migranten-Kinder besser Deutsch lernen könnten.

Die Probleme der Kinder sind die der Eltern

In deutschen Kindergärten herrscht Sprachenvielfalt: Dort wird türkisch gesprochen, polnisch, vietnamesisch und arabisch. Das klingt eigentlich toll - ist es aber nicht. Kaum eines der Migranten-Kinder in Deutschland kann gutes Deutsch sprechen. Die Gründe dafür liegen meist bei den Eltern. Viele von ihnen haben selbst nie die deutsche Sprache erlernt. Damit die Migranten-Kinder, wenn sie mit drei Jahren schließlich in den Kindergarten kommen, deutsch lernen können, hat der Finken-Verlag nun ein Lernkonzept für sie entwickelt. "Wir starten mit etwa dreijährigen Kindern, und dabei werden unterschiedliche Themen aufgegriffen", sagt Verleger Manfred Krick. "Themen aus dem unmittelbaren Erlebnisumfeld der Kinder. Es geht um die elementarsten Begriffe, denn auch Sachen wie Stuhl oder Tisch müssen erst mühsam erlernt werden."

Auf spielerische Art sollen die kleinen Kinder mit der deutschen Sprache vertraut gemacht werden. Mit Spielkarten können sie zum Beispiel einzelne Worte üben. Auf der Vorderseite ist das Bild eines Gegenstandes abgebildet, auf der Rückseite steht das deutsche Wort dazu. Die Karten können die Kinder alleine benutzen, sie können aber auch in der Gruppe mit anderen Kindern die deutschen Worte einüben. Das Sprachprogramm des Verlages richtet sich vor allem an die Erzieherinnen in den deutschen Kindergärten, und das, so gibt Krick selbst zu, ist ein Nachteil des Konzepts. Denn die Erzieherinnen müssen im ganz normalen Alltag die Zeit finden, um mit den Migranten-Kindern die Sprachspiele einzuüben. Anders, so Krick, sei das Problem derzeit aber einfach nicht zu bewältigen. "Das größte Hindernis sind oft die Eltern. An die heranzukommen ist wahnsinnig schwierig. Ich weiß von Kommunen, da kommen die Eltern aus allen möglichen Bereichen zusammen und kochen zusammen und lernen dadurch alle möglichen Haushaltsbegriffe kennen, das sind hervorragende Ansätze." Nur: Das seien leider punktuelle Erscheinungen. Spracherziehung könne nicht generell ins Elternhaus verlagert werden, "weil die Voraussetzungen fehlen", sagt Krick.

Massive Probleme in der Schule

Ohne Deutsch-Kenntnisse wird den Migranten-Kindern in Deutschland die erfolgreiche Integration schwer fallen. Massive Probleme tauchen auf, wenn sie in die Schule kommen. Denn ohne Deutsch-Kenntnisse können sie nicht dem Unterricht folgen, und am Ende des Schuljahres hagelt es schlechte Zensuren in den Zeugnissen. Gute Voraussetzungen für eine berufliche Karriere sind das nicht, und so bleibt diesen Jugendlichen nach der Schule meist keine andere Möglichkeit, als zum Beispiel im türkischsprachigen Umfeld zu arbeiten - in Imbiss-Buden, Gemüseläden oder kleinen handwerklichen Betrieben.

Bayern bietet als erstes Bundesland umfassende Sprachkurse für Migranten-Kinder an. Bevor sie in die Schule kommen, sollen die Kleinen einen Deutsch-Kurs besuchen, und in den nächsten Monaten und Jahren wollen die Politiker geradezu eine Offensive zum Erlernen der deutschen Sprache starten. Unterdessen werden im Finken-Verlag Pläne für weitere Sprach-Konzepte gesponnen. Denn wenn die Migranten-Kinder erst einmal Deutsch sprechen, haben vielleicht auch die Eltern mehr Interesse an einem Deutsch-Kurs. Deswegen sollen auch für sie in den nächsten Monaten Angebote auf den Markt kommen.