1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Weibliche Gewalt

Ursula Rütten / dk19. März 2003

Die Rolle von Frauen als Soldatinnen und Terroristinnen beleuchtet die Ausstellung "Eva im Tarnnetz - Women in Arms" im Bonner Frauenmuseum. Es ist keine Dokumentation, sondern ein künstlerischer Zugang zur Thematik.

https://p.dw.com/p/3Op9
Russland: Immer mehr Frauen werden für die Armee angeworbenBild: AP

Die Idee entstand in Berlin. Dort beschäftigen sich einige Künstlerinnen schon länger mit dem Thema Armee, weil ihre Ateliers in einer ehemaligen Kaserne der Nationalen Volksarmee der DDR liegen, so die Bonner Museumsdirektorin Marianne Pitzen. Der drohende Irak-Krieg hat dem Thema unfreiwillig Aktualität verschafft.

Inspiration als Grundgedanke

Wer allerdings eine Dokumentation zum Thema Frauen und Krieg erwartet, ist im Bonner Frauenmuseum falsch. In der Ausstellung, die erstmals von der Kuratorin Gudrun Erler in Berlin zusammengestellt wurde, versuchen vier deutsche, vier US-amerikanische, drei ukrainische Künstlerinnen und eine serbische Künstlerin ihre ganz persönliche Antwort auf die Frage zu finden, welche Rolle Frauen im Krieg spielen.

Die deutsche Künstlerin Christine Schlegel beschäftigte in erster Linie die Frage nach dem Verhältnis zu Militär und Militanz. „Wie lange dauert es, bis ich ein Kind großgezogen habe und wie ist das, wenn dann irgend jemand zur Waffe greift und dieses Kind erschießt. Damit begann für mich der Prozess.“ Als nächstes habe sie überlegt, ob Krieg überhaupt etwas mit Frauen und Männern zu tun habe, beschreibt die Künstlerin.

Opfer und Täterinnen werden eins

Mit dem Bild, das heute von der modernen Amazone gezeichnet wird, haben die Werke der Künstlerinnen wenig zu tun. Es wird hier nicht die "Lizenz zum Töten" hinterfragt oder das Bild von der vermeintlichen Emanzipation der Soldatinnen vermittelt. Die Ausstellung ist vor allem ein Dokument gegen den Krieg. So sieht die amerikanische Künstlerin Elizabeth Chandler vor allem die Ohnmacht und die Trauer der Opfer. Ihre persönliche Rot-Kreuz-Dokumentation: Kleiderfetzen, Jacken, Röcke, teils blutdurchtränkt. In ihrer Serie kleinformatiger morbider Bilder mahnt die Künstlerin aus Kalifornien, dass es immer noch meist die fatale Aufgabe von Frauen ist, aus solchen letzten Überbleibseln ihrer Angehörigen die traurige Gewissheit des Todes entziffern zu müssen.

Dagegen wirkt als geradezu bombastischer Affront das übermannshohe Triptychon der jungen Belgrader Künstlerin Biljana Djurdjevic. Ihr Gruppenbild mit Kerlen zeigt stiernackige Schlächternaturen mit Stahlhelmen auf muskelbepackten Schlachtrössern, blutrünstige Kampfhunde im Tross, mit Brachialgewalt durch einen klinisch-weiß gekachelten Raum preschen.

Motivation aus der eigenen Geschichte

Die Berlinerin Eva Kohler gibt schließlich in ihren gezeichneten Frauenporträts dem selbst bestimmten Widerstandskampf von Frauen ein Gesicht. Sei es im zaristischen Russland, in Nicaragua, in Palästina, In Nazideutschland oder in der Terrororganisation Rote Armee Fraktion. Darunter ist auch das Selbstporträt der Künstlerin zu sehen.

Sie reiht sich ein in die Reihe der Terroristinnen, und das hat mit ihrer persönlichen Geschichte zu tun, die stellvertretend für viele sein mag: "Wie hätte ich gehandelt in dieser Situation? Ist es gerechtfertigt, Gewalt anzuwenden, wie sie das getan haben? Ich weiß es nicht“, resümiert Eva Kohler. Diese Frage habe sich irgendwann in ihrer persönlichen politischen Geschichte gestellt, denn „da trennten sich einige ab, die in Untergrundorganisationen gingen. Ich fand es immer falsch, aber es gab da einen Diskurs: Warum taten sie das?“

Ob das die einzige Möglichkeit war, in der Gesellschaft etwas zu verändern, will die Bonner Ausstellung nicht erschöpfend beantworten. Ihr Anliegen: Eine Debatte über Frauen und Gewalt.

Die Ausstellung ist noch bis zum 27. April 2003 im Bonner Frauenmuseum zu sehen, danach geht es weiter nach Wien und Los Angeles.