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Wein aus der Wüste

Thomas Kruchem / Redaktion: Klaudia Pape 3. März 2009

Am Orange River liegt das größte Traubenanbaugebiet Afrikas. Tausende Tonnen Tafeltrauben werden von Upington aus nach Europa geflogen. Der Traubenanbau ist für europäische Genießer jedoch nicht unproblematisch.

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Am Unterlauf des Orange River erstreckt sich das größte Traubenanbau-gebiet AfrikasBild: DW/Thomas Kruchem

Inmitten endloser Traubenfelder, deren Rebenreihen sich am Horizont verlieren, steht wie ein Hüne der Winzer Inus Bezuidenhout, faltet die Hände über seinem gewaltigen Bauch und sagt dem schmächtigen Arbeiter Johannes, er möge die Rosinen auf der sportplatzgroßen Zementplattform nahebei nicht vergessen. 14 Tage trocknen die Rosinen inzwischen; sobald ihr Feuchtigkeitsgehalt auf zwölf Prozent gesunken ist, werden sie für den Export nach Europa verpackt.

Südafrika Orange River Traubenfarmer Bezuidenhout
Der Traubenfarmer Bezuidenhout geht völlig auf in seiner ArbeitBild: DW/Thomas Kruchem

Bezuidenhout produziert drei Sorten Rosinen: in der Sonne getrockneten schwarze, die er "Thompsons" nennt; grüne, die er gewinnt, indem er die Traubenschale durch Eintauchen in eine Kalium-Lauge porös macht – so dass sie besonders schnell trocknen und ihre grüne Farbe behalten; schließlich goldene Sultaninen, für die neben den trocknenden Trauben Schwefel verbrannt wird. Schwefel, sagt Inus Bezuidenhout dem skeptisch dreinblickenden Besucher, gebe nun mal Rosinen einen angenehm säuerlichen und Kalium-Lauge gebe ihnen einen angenehm frischen Geschmack.

Voller Körper und aromatische Nase

Auf seiner Farm "Bezalel“ westlich von Upington am Orange River besitzt der 60-jährige Farmer 48 Hektar Reben. Sein Geld verdient Bezuidenhout mit Rosinen; seine Leidenschaft sind edle Weine, von denen er 8.000 Liter pro Jahr produziert: Cabernet Sauvignon, Merlot, Pinot Noir. Die Krönung aber, sagt er und deutet auf die kupferne Destillieranlage im efeuumrankten Farmhaus, sei sein Brandy, der es durchaus mit guten Cognacs aufnehmen könne.

Südafrika Orange River Brandy Faß
5 Jahre reift der Brandy vom Orange River in EichenfässernBild: DW/Thomas Kruchem

"Unseren ‚Cognac‘ machen wir zu 30 Prozent aus Rotwein“, erklärt der Winzer. "Dazu kommen rund 25 Prozent Wein aus Chardonnay- und 25 Prozent aus Colombard-Trauben. Das Ergebnis ist ein voller Körper und eine höchst aromatische Nase.“ Trotzdem enthält der Brandy nur 43 Prozent Alkohol, auf die Bezuidenhout ihn nach fünf Jahren Reife in Fässern aus französischer Limousin-Eiche verdünnt. "Danach", betont er, "fügen wir natürlich absolut nichts mehr hinzu."

Das kann Inus Bezuidenhout auch gar nicht, weil der Schlüssel zur Gittertür seines Kellers bei der als äußerst strikt geltenden Agrar- und Finanzbehörde in Upington liegt. Damit aber nicht unnötig viel seines Brandys als "Anteil der Engel“, verdunstet, werden die Fässer einmal täglich kräftig mit Wasser eingesprüht.

Genuss auf Kosten des Flusses?

Draußen steigt das Thermometer auf 45 Grad; und eine Bewässerungsanlage besprüht die Wurzeln der Reben – mit Wasser aus dem Orange River, der träge und grünlich schimmernd dahin fließt. Wie hält es Bezuidenhout mit dem Düngen der Reben, das in dieser Region den Fluss enorm belastet? – Er habe das Glück, sagt er, Trauben auf ufernahen Böden anzupflanzen, die jahrtausendelang von Überflutungen profitiert hätten. Aus Lesotho und dem Osten Südafrikas stammende Sedimente hätten diese Böden extrem fruchtbar gemacht; sie bräuchten nur wenig Dünger.

Südafrika Orange River Landschaft
Große Düngermengen, die von den Traubenfeldern in den Orange River geraten, fördern die AlgenblüteBild: DW/Thomas Kruchem

Auch Pestizide verwendet der Winzer, so sagt er, kaum – schon wegen der scharfen Kontrollen in Europa. Giftige Gräser zwischen den Reben, zum Beispiel, würden von gezielt ausgesäten nützlichen Gräsern fern gehalten, die überdies Kalium und Stickstoff liefern.

Deutsche Autotester lieben Wüsten-Terroir

Inus Bezuidenhout weiß, dass Kenner südafrikanischer Weine die salzhaltigen Meereswinde am westlichen Kap schätzen, die den Trauben dort eine besondere Würze verleihen. Dafür, sagt er, sei hier, in der nördlichen Kapprovinz, das Terroir, die Erde, einzigartig. Reiche Aromen von wilden Beeren und Kirschen, von bitterer Schokolade und Anis zeichneten die Weine vom Orange River aus – Aromen, die auch deutsche Genießer verrückt machten.

VW und Audi, erzählt Inus, besitzen ein hochmodernes Testgelände in der Kalahari außerhalb Upingtons. "Dort testen sie ihre neuen Autos – die sie zum Teil aus Alaska einfliegen, um zu sehen, wie sie auf Temperaturunterschiede reagieren." Der Winzer zeigt sich von deutscher Auto-Technik fast so begeistert wie von seinem Brandy: "In der Kalahari haben die Deutschen ein Gelände eingezäunt, wo sie ihre Autos, vollgestopft mit Elektronik, mitten in den Dünen abstellen. Nach drei Jahren dann drehen sie den Zündschlüssel um; und der Motor springt an. Ja, noch nicht einmal die Reifen sind platt."

"Und zwischendurch", sagt der Wüstenwinzer stolz, "decken sich die deutschen Tester bei mir mit ‚Cognac‘ und Rotwein ein. Manche kaufen auch ‚Mampoer‘, Kakteenschnaps, mit 80 Prozent Alkohol."