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Noch ein Anlauf

Peter Philipp22. Oktober 2007

Auch der zweite Anlauf für eine Wahl des Präsidenten im Libanon ist gescheitert. Warum gestaltet sich die Suche nach einem Kandidaten so schwierig? Peter Philipp erklärt die Hintergründe.

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Präsident Emile Lahud, Quelle: AP
Wer wird Nachfolger von Emile Lahud?Bild: AP

Ursprünglich war geplant, den neuen libanesischen Präsidenten am 25. September 2007 zu wählen. Wegen des erbitterten Streits zwischen den pro-westlichen Regierungsparteien um Ministerpräsident Fuad Siniora und der eher Syrien nahen Opposition wäre dies die erste Parlamentssitzung seit fast einem Jahr gewesen. Es kam aber nicht dazu: Die Opposition erschien nicht und so kam es nicht zu der für die Abhaltung der Wahl nötigen Zweidrittelmehrheit.

Bis zum 24. November

Der schiitische Parlamentspräsident, Nabih Berri, nahm das noch einigermaßen gelassen hin, setzte einen neuen Termin für den 23. Oktober fest. Am Montag (22.10.2007) teilte der libanesische Parlamentspräsident Nabih Berri mit, dass auch dieser Termin platzt. In einer Stellungnahme hieß es, den Fraktionen werde bis zum 12. November Zeit gegeben, sich doch noch auf einen gemeinsamen Kandidaten zu einigen. Bis zum 24. November ist Zeit, einen Nachfolger für Emile Lahoud zu wählen, dessen Amtszeit dann aber unwiderruflich zu Ende geht.

Karte des Libanon, Quelle: AP
Karte des LibanonBild: AP

Regierung und Opposition haben sich festgebissen. Die innenpolitische Krise des Libanon verschärft sich weiter. Ein Cousin des scheidenden Präsidenten, der mit diesem politisch freilich nichts gemein hat, ist Nassib Lahoud, ein Abgeordneter der Regierungskoalition. Er beklagt das Verhalten der Opposition: "Eine, zwei oder auch drei Wochen nicht an Parlamentssitzungen teilnehmen, mag ja noch akzeptabel sein. Aber die Wahlen boykottieren, um auf der Ebene des Präsidenten eine Leere zu erzeugen, ist meiner Meinung nach undenkbar und sollte von keiner politischen Kraft in Betracht gezogen werden."

In der Sackgasse

In die Sackgasse ist man aus verschiedenen Gründen geraten: Einmal wegen der Verhärtung der Fronten zwischen Regierung und Opposition. Zum Zweiten aber auch weil die Opposition mehr Sitze im Parlament fordert als ihr aufgrund des Wahlergebnisses von 2005 zusteht. Sie will damit ihre Stellung in einer breiten Koalitionsregierung stärken, aus der sie vor über einem Jahr ausgetreten ist.

Und natürlich geht es auch darum, welche außenpolitische Ausrichtung der Libanon künftig haben wird: Die Regierung wird vom Westen (und da besonders den USA und Frankreich) unterstützt, die Opposition von Syrien und dem Iran. Syrien war viele Jahre lang im Libanon mit Truppen präsent und hatte politischen Einfluss genommen. Das Regierungslager ist überzeugt, dass Damaskus auch der Drahtzieher ist hinter einer Kette von Attentaten gegen Regierungsnahe Politiker.

Der Sohn des ermordeten ehemaligen Ministerpräsidenten Rafik Hariri, Saad, sieht ein klares politisches Kalkül hinter den Anschlägen: "Wir wollen keine fremde Einmischung in diese Präsidentschaftswahlen. Mitglieder unseres Parlaments sind umgebracht worden - diese Aktion wurde von Terroristen durchgeführt, deren Ziel es ist, unsere Demokratie zu zerstören."

Die Rolle Syrien

Hariri findet hiermit natürlich offene Ohren in Washington, wo Präsident George W. Bush alles daran setzt, Syrien – noch mehr aber den Iran - zu isolieren und meint, er habe im Libanon ein dankbares Objekt gefunden, wo er den Einfluss dieser beiden Staaten eindämmen und beschränken kann: "Ich bin zutiefst beunruhigt über fremde Einmischung in die Wahlen," sagte Bush. "Staaten wie Syrien haben die Botschaft erhalten, dass sie sich in die Präsidentschaftswahlen nicht einmischen sollten."

In Damaskus dementiert man natürlich, mit den Anschlägen und den innenpolitischen Intrigen im Libanon etwas zu tun zu haben. Man weiß aber auch, dass die Zeiten vorbei sind, in denen man – wie im Fall Lahoud 2004 geschehen – einfach durchsetzen konnte, dass die Amtszeit eines genehmen Präsidenten durch Verfassungsänderung verlängert wird. Und so wird Syrien auch nicht verhindern können, dass am 24 November vielleicht immer noch kein Präsident gewählt sein wird und dass dann die Regierung einen solchen einsetzen kann.

Ein libanesischer de Gaulle?

Solch ein Schritt dürfte die Konfrontation zwischen Regierung und Opposition noch mehr verschärfen. Sie wird aber wohl auch die letzte Hoffnung bei Ex-General Michel Aoun zerstören, dass er – quasi als libanesischer de Gaulle - neuer Präsident wird und das Land in eine bessere Zukunft führen wird.

Schon vor Monaten hatte Aoun deswegen orakelt, dass Präsidentschaftswahlen gar nicht die erste Priorität hätten: "In einer solchen Situation gibt es nur einen Ausweg. Zum Meister zurückkehren, dem Volk, das der Souverän ist und das das Machtgefüge wieder aufbauen kann. Deswegen liegt die Rettung für alle in vorgezogenen Neuwahlen. Und nach gerechten und freien Wahlen muss sich jeder dem Willen des Volkes beugen. Dies ist die einzige Lösung, die für alle ehrenhaft ist: Vorgezogene Neuwahlen, so wie das in zivilisierten Ländern abläuft."