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Weiterer Schaden bei Vattenfall möglich

9. Juli 2009

Nach Problemen in deutschen und schwedischen Atomkraftwerken gerät der Betreiber Vattenfall stark unter Druck. Jetzt räumte das Unternehmen einen weiteren möglichen Schaden im AKW Krümmel ein.

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Vor dem Betriebsgelände (Foto: AP)
Nach Pannenserie abgeschaltet: das Atomkraftwerk Krümmel in Schleswig-HolsteinBild: AP

Das Aufarbeiten der Pannenserie im Atomkraftwerk Krümmel in Schleswig-Holstein ist zur Chefsache geworden: Angesichts massiver Kritik aus der Politik und von Umweltorganisationen hat Vattenfall-Vorstandschef Tuomo Hatakka am Donnerstag (09.07.2009) Fehler eingestanden. Es seien unverzüglich erste Konsequenzen gezogen worden, sagte Hatakka in der Berliner Deutschland-Zentrale seines Unternehmens. Die bisherigen Untersuchungen der jüngsten Zwischenfälle in Krümmel erlaubten aber noch keine abschließende Aussage über die Ursache. Jetzt stünden alle Prozesse, technisch und organisatorisch, auf dem Prüfstand.

Weiterer Schaden im AKW Krümmel?

Akitisten mit Banner: 'AKW Krümmel geschlossen' (Foto: AP)
Greenpeace-Aktivisten am Sicherheitszaun vor dem Kernkraftwerk Krümmel in Geesthacht, Schleswig-HolsteinBild: AP

Vattenfall räumte auf der Pressekonferenz zugleich einen weiteren möglichen Defekt im Kraftwerk ein. Es gebe mit großer Wahrscheinlichkeit einen Brennstab-Schaden, sagte der Geschäftsführer der Vattenfall Europe Nuclear Energy, Ernst Michael Züfle. Vielleicht seien "einige wenige" von rund 80.000 Brennstäben im Reaktor defekt. Dies habe nach ersten Erkenntnissen nichts direkt mit dem Trafo-Kurzschluss vom Wochenende zu tun. An diesem Freitag solle der Druckbehälter des Reaktors für Untersuchungen geöffnet werden. Für die Bevölkerung habe zu keinem Zeitpunkt irgendein Risiko bestanden.

Der Reaktor Krümmel in Geesthacht ist seit einem Transformator-Kurzschluss vom Samstag wieder abgeschaltet. Der Kraftwerksleiter musste kurz danach seinen Posten räumen, weil der Einbau einer hochmodernen Sicherheitsanlage am betroffenen Transformator vergessen wurde. Das AKW Krümmel war bereits im Sommer 2007 nach einem Brand in einem der beiden Maschinentransformatoren für zwei Jahre stillgelegt worden. Bei der Reparatur und den folgenden Wartungsarbeiten tauchten immer neue technische Probleme auf. Das AKW war erst wenige Tage wieder in Betrieb, als der Zwischenfall am Samstag passierte. Der Fehler ereignete sich wieder in einem Maschinentransformator.

Schweden verlangt Sicherheit in Vattenfall-Atomkraftwerken

AKW Krümmel - Luftaufnahme (Foto: AP)
Das Kernkraftwerk Krümmel des schwedischen Betreibers VattenfallBild: AP

Auch die schwedische Regierung verlangt Aufklärung. Aus dem Wirtschaftsministerium in Stockholm hieß es, man erwarte von Vattenfall einen "Sonderbericht zur Reaktorsicherheit". Hintergrund dafür war neben der Panne in Deutschland scharfe Kritik von Schwedens Strahlenschutzbehörde an Sicherheitsmängeln am einheimischen Vattenfall-Atomkraftwerk Ringhals. Vattenfall gehört zu 100 Prozent dem schwedischen Staat. Der zuständige Staatssekretär Ola Altera sagte: "Wir erwarten, dass Vattenfall der Sicherheit in seinen Kernkraftanlagen die höchste Priorität zumisst. Leider haben die Ereignisse der letzten Tage dem Vertrauen in das Unternehmen sowohl in Schweden wie in Deutschland geschadet."

Die jüngste Panne im Atomkraftwerk Krümmel hat auch wieder eine Debatte über die Sicherheit der deutschen Atommeiler ausgelöst - nicht zuletzt mit Blick auf die Bundestagswahl im September. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) wies nochmals auf technische Schlampereien in Krümmel hin. Am Montag hatten dort Greenpeace-Mitglieder aus Protest gegen die "Unzuverlässigkeit von Vattenfall" vorübergehend das Zufahrtstor zum Kraftwerks-Gelände bei Hamburg zugeschweißt. Dagegen erklärte die deutsche Wirtschaft abermals, sie halte Atomenergie auf absehbare Zeit für unverzichtbar.

Atomenergie in der Diskussion

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) drohte mit der Abschaltung von Krümmel. Er gab Vattenfall einen "letzten Versuch", die Sicherheit zu gewährleisten. In einem Dossier des Bundesumweltministeriums im Internet hieß es, die prinzipiellen Risiken der Atomenergie seien nicht beherrschbar. Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) wies den Vorstoß von Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) nach unbegrenzten Laufzeiten sicherer Atommeiler zurück. (hp/det/dpa/ap/rtr)