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Reform des Finanzmarkts?

22. September 2009

Auf dem dritten Weltfinanzgipfel der G20-Staaten in Pittsburgh wollen die Staats- und Regierungschefs konkrete Maßnahmen beschließen, um das Weltfinanzsystem krisenfest zu machen.

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Steht Pittsburgh einmal für Finanzmarktreformen?

Als sich die Führer der G20-Staaten Mitte November des vergangenen Jahres in Washington trafen, ging es vor allem darum, Panik an den Weltfinanzmärkten zu verhindern. Und man schnürte ein Paket mit über vierzig Maßnahmen, um das Krisenmonster bändigen zu können. Fünf Monate später, Anfang April 2009, traf man sich in London wieder. Die Rezession tobte bereits rund um den Globus: Als Reaktion mobilisierten die Zwanzig die unvorstellbare Summe von 1100 Milliarden Dollar, um die ärmsten Länder in der Krise zu unterstützen und den Welthandel in Gang zu bringen. Anlass genug für große Worte: Großbritanniens Premier sprach vom "Tag, an dem die Welt zusammenkam, um gegen die globale Rezession zurückzuschlagen", und zwar nicht mit Worten, "sondern mit einem Plan für eine weltweite Erholung und für Reformen mit einem Fahrplan für die Umsetzung."

"Den Bonus-Wahnsinn stoppen!"

Symbolbild Rettungsring Verstaatlichung Deutsche Firmen und Banken
Wer zu weich fällt, könnte sich erneut verzockenBild: picture-alliance/ dpa/ DW-Fotomontage

Doch den Fahrplan umzusetzen, das erweist sich als schwierig. Denn schon verdienen mit Staatsgeld gerettete Banken wieder Milliarden, schon werden wieder hohe Boni gezahlt. Dabei sind sich in der Analyse alle einig: Exzessive Bonus-Zahlungen, entstanden durch falsche, kurzfristige Anreize, gelten als eine der Hauptursachen der Krise. Schwedens Finanzminister Anders Borg brachte es am Rande eines EU-Finanzministertreffens auf den Punkt: "Die Banker feiern Partys als hätten wir 1999, aber wir haben das Jahr 2009." Der Bonus-Wahnsinn müsse gestoppt werden, "spätestens in Pittsburgh".

Darüber sind sich die Europäer nun auch einig - und werden mit einer Stimme in Pittsburgh sprechen. Nur: Ob es gelingen wird, in Pittsburgh der Bonus-Praxis ein Ende zu setzen, bleibt abzuwarten. Denn vor allem US-Präsident Barak Obama bekommt derzeit schon wieder heftigen Gegenwind von der Wall Street. Dort wächst der Widerstand gegen eine allzu große Einmischung des Staates. Aber auch Obama weiß: "Ohne eine Reform werden die Banken zurückkehren zu ihren alten Handlungsmustern." Vielleicht, so der Präsident, werde es sogar noch schlimmer, "weil sie darauf setzen, dass die Regierung sie sowieso rettet und sie deshalb noch größere Risiken eingehen können."

Banken sollen Staaten nicht mehr erpressen können

Kein Finanzprodukt, kein Finanzmarkt solle künftig ohne Regulierung und Kontrolle sein -so hatten es die G20 in London verkündet. In Pittsburgh nun müssten die Londoner Beschlüsse auch einen formal verbindlichen Charakter erhalten. Dann erst könnten sie von den Regierungen der einzelnen Länder umgesetzt werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert neue Regeln für nachhaltiges Wirtschaften und will erreichen, dass Staaten weniger erpressbar sind. Man müsse Regelungen treffen, damit Banken nicht einfach so daher kommen könnten mit der Forderung: Entweder der Staat hilft innerhalb der nächsten zwölf Stunden, oder das ganze Finanzsystem bricht zusammen. "Darüber muss eine internationale Übereinkunft getroffen werden, weil das ein Staat allein nicht machen kann, wenn zum Beispiel eine Bank wie Lehman Brothers, wie vor einem Jahr passiert, zusammenbricht."

Streit in Pittsburgh ist programmiert

Deutschland Deutsche Bank Josef Ackermann und Angela Merkel
Harmonie vor der Krise - nun ist der Ton zwischen Merkel und Ackermann schärferBild: AP

Auch den Vorwurf, die Banken hätten aus der Krise nichts gelernt, hörte man zuletzt von der Kanzlerin, die derzeit darum kämpft, wiedergewählt zu werden. Doch dies weist Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann zurück. Die Gewichte hätten sich verschoben, eine vermeintliche Dominanz angelsächsischer Banken könne er nicht mehr erkennen - im Gegenteil: "Während man in Deutschland noch über eine Konsolidierung der öffentlich-rechtlichen Landesbanken diskutiert, machen Banken aus Schwellenländern heute schon mehr als ein Viertel der Marktkapitalisierung der Top-25-Banken weltweit aus."

Schließlich geht es in Pittsburgh auch um eine sogenannte Exit-Strategie: Wann beginnt man, kontrolliert aus den Milliardenhilfen für die Volkswirtschaften auszusteigen und die gigantischen Schuldenberge abzubauen - ohne den beginnenden Aufschwung abzuwürgen? Nicht nur in dieser Frage droht in Pittsburgh Streit. Nicht wenige Beobachter glauben deshalb, dass der Gipfel keine konkreten Ergebnisse bringen wird.

Autor: Henrik Böhme

Redaktion: Jutta Wasserrab