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Wenig produktiver Austausch

Nina Werkhäuser, Berlin 13. Juli 2004

Fischers Besuch im Sudan war einer von vielen, die westliche Politiker derzeit dem Land abstatten. Sie wollen Druck ausüben, um die Krisenregion zu befrieden. Wirklich erfolgreich war auch der Bundesaußenminister nicht.

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Es gibt viele Länder, in denen Außenminister Joschka Fischer wohlwollend oder gar freundschaftlich empfangen wird - der Sudan gehört sicher nicht dazu. Noch bevor Fischer seine offiziellen Gespräche begonnen hatte, attackierte ihn die englisch-sprachige Zeitung "Sudan Vision": "Wir haben hier keinen Holocaust", hieß es da boshaft, und: "Herr Fischer, was wollen Sie hier?" Es folgte der höchst absurde Vorwurf, die "europäische Supermacht" Deutschland unterstütze die gegen die Regierung kämpfenden Rebellen in der Krisenregion Darfur finanziell. Der sudanesische Propaganda-Apparat stellte sicher, dass jeder mitreisende deutsche Journalist rechtzeitig ein Exemplar der Zeitung mit den "warmen Willkommens-Wünschen" erhielt. Der Außenminister selbst bekam es dann mit einem sudanesischen Journalisten zu tun, der ihn unumwunden fragte, warum Deutschland die sudanesischen Rebellen unterstütze. Fischers Gesicht war vielsagend, als er diesen Angriff abwehrte. In diesem angespannten Arbeitsklima war dann kein Platz mehr für diplomatische Schönfärberei.

Die internationale Gemeinschaft wolle Taten sehen und lasse sich nicht mit Zusagen auf dem Papier abspeisen, wiederholte Fischer unbeirrt. Die Lage in Darfur müsse sich endlich bessern. "Wir tun, was wir können", antworteten ebenso unbeirrt die Vertreter der sudanesischen Regierung, aber das gehe einfach nicht so schnell. Im übrigen verbat man sich eine weitergehende Einmischung in sudanesische Angelegenheiten. So prallten die Positionen aufeinander, und hinter verschlossenen Türen soll es mit Deutlichkeit zur Sache gegangen sein.

Als letztes Druckmittel blieben Fischer die Sanktionen, für die sich Deutschland im UN-Sicherheitsrat einsetzt: Ein Waffenembargo oder Wirtschaftssanktionen - nicht nur gegen Reitermilizen, wie zuerst angedacht, sondern gegen die Regierung in Khartum. Dafür müsste im Sicherheitsrat zwar noch eine Mehrheit gefunden werden. Aber diese Option besteht, wenn die sudanesische Regierung sich nicht bewegt. Dazu will man ihr zunächst aber noch die Chance lassen.

Was bleibt also nach diesem wenig produktiven Austausch unterschiedlicher Standpunkte? Außenminister Fischer konnte immerhin zeigen, dass Europa die Not der Menschen in Darfur fest im Blick hat. Nachdem die diplomatische Offensive des Westens ohnehin sehr spät eingesetzt hat, soll sie nicht gleich wieder abflauen. Mögliche Sanktionen hin oder her - die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit ist zurzeit das wirksamste Druckmittel. Trotz der scheinbaren Gleichgültigkeit ist es der sudanesischen Regierung unangenehm, dass die Scheinwerfer jetzt auf die gerichtet sind.

Gleichzeitig zeugt die hektische diplomatische Betriebsamkeit des Westens von einer leichten Panik, von der auch Fischer nicht ganz frei war: Weil es kurz vor dem Einsetzen der Regenzeit eigentlich schon fast zu spät ist, da dann die Hungernden nicht mehr versorgt werden können. Weil die Welt wieder einmal zu spät reagiert hat auf eine furchtbare Katastrophe in Afrika.