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Wenig Spenden stärken Taliban

12. August 2010

Die Spendenbereitschaft der Deutschen für Pakistan ist gering. Urlaubszeit? Spendenmüdigkeit? Oder gezieltes Desinteresse am Schicksal der muslimischen Opfer? Und wer profitiert davon? Die Taliban, meint Nicola Reyk.

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Die Opfer sind auf Hilfe angewiesen - wenn nötig auch von ExtremistenBild: AP

An den Bildern kann es nicht liegen. Verzweifelte Kinder, die völlig erschöpft armselige Bündel mit dem letzten Hab und Gut der Familie schleppen. Mütter, die ihre Babys mühsam über den Wasser- und Schlammspiegel halten. Alte und Kranke, die, wenn die wenigen Hilfsgüter verteilt werden, resigniert am Rande stehen, weil sie keine Chance haben, davon etwas abzubekommen. Nein, bei dieser Katastrophe sind alle Bilder da, die üblicherweise die Herzen – und die Taschen - der Spender öffnen. Spendenmüde also sind die Deutschen, weil sie ähnlich verzweifelte Menschen dieses Jahr ja schon mal sehen mussten? Nach dem Erdbeben in Haiti im Januar. Damals war die Reaktion noch eine ganz andere.

Mal ganz ehrlich: Oder liegt es daran, dass die haitianischen Kinder für uns einfach süßer aussehen? Und, ganz nebenbei, auch noch in der Mehrzahl Christen sind? Nicht Moslems, wie die in Pakistan, Moslems in einem korrupten Land; einem Land, von dem wir hier gerne glauben, dass es voller Extremisten steckt, die Taliban, Al Kaida und den gewaltsamen Heiligen Krieg unterstützen. Warum sollen wir denen helfen? Aus Menschlichkeit zum Einen – aber, wenn das nicht reicht – dann deshalb, weil wir im Westen den Menschen in Pakistan seit vielen Jahren einreden, wir seien ihre Freunde. Sie sollen Partner der USA und der westlichen Welt sein, ihren Staat nach unseren Vorstellungen ausrichten und im Kampf gegen den Terror helfen.

Genau deshalb kann den Taliban, die in Pakistan um die Macht kämpfen, gar nichts Besseres passieren als das westliche Desinteresse. Nichts spielt den Extremisten mehr in die Hände als diese Naturkatastrophe, die niemanden interessiert – die pakistanische Regierung nicht und die böse westliche Welt schon gar nicht. Endlich können die islamistischen Hardliner als rettende Engel in der Not erscheinen – und selbst die Pakistaner erreichen, die bisher nichts von den Extremisten wissen wollten. Die Taliban haben ja Recht: So lernen die Flutopfer jetzt, die Menschen da draußen im Westen sind eben keine Freunde der Muslime. Wer ihnen vertraut, ist verloren.

Es geht also gar nicht nur darum, Kindern, Kranken und Alten das Leben zu retten – auch wenn das als Grund zur Hilfe eigentlich ausreichen sollte. Wer sich jetzt nicht zum Helfen durchringen kann, macht sich zum Unterstützer der Taliban. Jede Spende, die jetzt nicht für die Hilfe in Pakistan überwiesen wird, ist eine Spende für die Extremisten. Es gibt für sie keine leichtere Beute als eine Masse von verzweifelten und wütenden Menschen, die alles verloren - und vergeblich auf Hilfe gewartet haben.

Autorin: Nicola Reyk
Redaktion: Esther Broders