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Wenn Feinde mit Feinden reden wollen

Peter Philipp12. Januar 2004

Der israelische Staatspräsident Mosche Katzav hat seinen Amtskollegen aus dem verfeindeten Nachbarland Syrien, Baschar el Assad, zu einem Besuch nach Jerusalem eingeladen. Gute Chancen für Friedensverhandlungen?

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Hauptstreitpunkt zwischen Israel und Syrien: die Golan-HöhenBild: DPA


Israel hat den syrischen Staatspräsidenten Baschar el Assad zu Friedensverhandlungen in Jerusalem eingeladen. Der israelische Präsident Mosche Katzav sagte am Montagmorgen (12.1.2004), Assad sei willkommen, er
dürfe jedoch keine Bedingungen stellen. Der syrische Präsident hatte bereits im Dezember eine Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen mit Israel vorgeschlagen. Sie waren unter seinem Vater und Amtsvorgänger Hafis el Assad Anfang 2000 abgebrochen worden.

Der Haken dürfte sein, dass beide Seiten ihre Erklärungen mit Selbstverständlichkeiten verknüpft haben, die in der Region aber weiterhin nicht selbstverständlich sind: So hatte der syrische Präsident Israels Bereitschaft zur Aufgabe der gesamten Golan-Höhen vorausgesetzt, die von Israel im Sechstagekrieg 1967 erobert worden waren. Und Israel spricht von "Verhandlungen ohne Vorbedingungen", fordert aber als syrische Vorleistung ein Ende der Unterstützung für terroristische Gruppen.

Siedlungsbau gefährdet Frieden

Genau an diesen Punkten aber könnten die neuen Vorstöße vorerst scheitern: In Israel dürfte eine offizielle Absichtserklärung, die Golan-Höhen für Frieden einzutauschen, zu beträchtlichem innenpolitischen Druck führen, denn die strategisch wichtigen Höhen östlich des Sees Genezareth sind bereits vor Jahren durch ein - allerdings völkerrechtswidriges - Gesetz offiziell annektiert worden und inzwischen von israelischen Siedlungen überzogen. Die Höhen jetzt als Verhandlungsmasse anzubieten, würde die Unruhe noch weiter verstärken.

Unterstützung israelfeindlicher Gruppen

Syrien wiederum wird kaum auf die israelische Forderung eingehen, den "Terrorismus zu unterdrücken", denn Damaskus bestreitet immer schon, terroristische Gruppen zu unterstützen. Wenn man einige Arafat-kritische Palästinensergruppen unterstütze, dann sei dies Hilfe beim legitimen Widerstand gegen fremde Besatzung, nicht aber Terrorismus. So, wie man die libanesische "Hisbollah" gegen die israelische Besatzung des Südlibanon unterstützt habe.

Solche Semantik allein wird die Wiederaufnahme von Verhandlungen aber nicht endgültig verhindern können. Beide Seiten sind sich im klaren darüber, dass eine Regelung des Nahost-Konflikts auch einen Frieden zwischen Israel und Syrien einschließen muss. Wegen der erwähnten Implikationen würde Israels Regierungschef Scharon solch eine Regelung gerne aufschieben bis nach einer Lösung des Konflikts mit den Palästinensern, aber das hieße auch auf einen noch unbestimmten Zeitpunkt.

Syrien will aus der Isolation heraus

In Syrien wiederum scheint der Drang zu wachsen, das Land aus der Ecke zu bringen, in die es seit Jahren besonders von den USA gesteckt wird: Als Staat, der den Terrorismus fördert, der an Massenvernichtungswaffen interessiert ist und der auch im Irak den Widerstand gegen die USA mit unterstützt. Präsident Assad hat gerade in den letzten Tagen die Anstrengungen verstärkt, solchen Makel los zu werden. Unter anderem, indem er eine atomwaffenfrei Zone in der Region vorschlug - mit deutlichem Hinweis auf die Atommacht Israel allerdings - und indem er seine Bereitschaft zu Friedensverhandlungen signalisierte.

Einmal zuvor war ein solches Signal der Beginn eines richtigen Friedensprozesses - im Fall des ägyptischen Präsidenten Sadat. Das Ergebnis war der Frieden von Camp David. Baschar el Assad aber ist nicht Sadat und Syrien nicht Ägypten. Die Geschichte wird sich deswegen nicht notgedrungen wiederholen: So fanden die im Jahr 2000 abgebrochenen Verhandlungen nicht im Nahen Osten, sondern in den USA statt.