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Wenn sich Politik und Glamour treffen

Silke Bartlick11. Februar 2005

In Berlin dreht sich wieder alles um den Film - mit einer glanzvollen Feier wurde die 55. Berlinale eröffnet. Bis zum 20. Februar werden 350 Filme aus 52 Ländern gezeigt. Und dabei geht es immer politischer zu.

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Schauspielerinnen und Jurymitglieder Bai Ling und Franka Potente bei der EröffnungBild: AP

Internationale Stars zu Gast in Berlin und eine einheimische Filmproduktion, der es so gut geht wie schon lange nicht mehr: Kulturstaatsministerin Christina Weiss freute sich und erzählte den 2000 Gästen der Eröffnung im Berlinale-Palast am Donnerstagabend (10.2.2005) strahlend, dass das deutsche Filmschaffen neuerdings selbst in Amerika für Gesprächsstoff sorge. Auch international nehme man die deutschen Aktivitäten zur Förderung des filmischen Nachwuchses jetzt aufmerksam zur Kenntnis.

16 Filmemacher, die in den vergangenen Jahren an dem von Berlinale-Chef Dieter Kosslick ins Leben gerufenen Talent-Campus teilgenommen haben, sind bei dieser Berlinale mit eigenen Filmen vertreten. Und auch der von der Bundeskulturstiftung initiierte World Cinema Fund wird neue Projekte präsentieren: "Wir finanzieren damit Filmproduktionen in Ländern, in denen noch keine wirkliche Filmindustrie besteht", sagte Weiss. "Entweder ist sie noch nicht gewachsen oder sie ist in der Krise von Politik und Ökonomie gestört. Und es ist eine Art geistige Entwicklungshilfe, aber sie bringt uns genauso viel Entwicklung, weil sie einfach einen neuen Aspekt, eine Debatte über globale Themen mit denjenigen, die diese Filme machen, anzetteln können."

Die Berlinale präsentiert bis zum 20. Februar 350 Filme aus aller Welt. Im offiziellen Wettbewerb um Goldene und Silberne Bären konkurrieren 22 Produktionen, darunter neue Filme mit so renommierten Stars wie Catherine Deneuve, Gerard Depardieu, Nick Nolte oder Scarlett Johansson.

Europäische Identität: Champions-League

Deutschland ist wie schon im Vorjahr mit drei Filmen vertreten: Marc Rothemund fragt in dem mit Spannung erwarteten Beitrag "Sophie Scholl - die letzten Tage", woher Mut und zutiefst verwurzelter Humanismus der jungen Münchener Widerstandskämpferin kamen, die 1943 von den Nazis hingerichtet wurde. Christian Petzold stellt das Drama "Gespenster" vor, in dem eine Französin glaubt, in einer Berliner Streunerin ihre entführte Tochter zu erkennen. Und Hannes Stöhr widmet sich in "One day in Europe" dem Thema der europäischen Identität in einer burlesken Komödie rund um ein Champions-League-Finale in Moskau.

Berlinale Eröffnung Man to Man
Festival-Direktor Dieter Kosslick (l.) und das Team des Eröffnungsfilms 'Man to Man'.Bild: AP

Eröffnet aber wurde diese Berlinale mit dem historischen Abenteuerepos "Man to Man" des französischen Regisseurs Regis Warnier. Darin entführt eine Gruppe europäischer Anthropologen Mitte des 19. Jahrhunderts zwei Pygmäen zu Forschungszwecken von Afrika nach Schottland. Sie wollen den Beweis für die gemeinsame Abstammung von Mensch und Affe erbringen und vergessen in ihrem eigennützigen Forscherdrang jede Form von Menschlichkeit und Mitgefühl. Warum gerade dieser Film die Berlinale eröffnet erklärt Berlinale-Chef Kosslick: "Wir haben einen Länderfocus dieses Jahr, das ist Afrika. Und ich denke, es ist keine Neuigkeit, dass die Berlinale ein politisches Filmfestival ist. Zehn Jahre nach dem Genozid in Ruanda haben wir gleich zwei Filme im Wettbewerb zu diesem Thema."

Politisch seien auch Beiträge aus anderen Sektionen der Filmfestspiele, so Kosslick. Tschetschenien, Kindersoldaten in El Salvador, der Umbruch in Mittelosteuropa - die Palette der Themen sei weit gespannt, das Bedürfnis, brisante Stoffe anzupacken, ausgesprochen groß. Nie zuvor jedenfalls hat die Berlinale so viele Dokumentarfilme im Programm gehabt, und selten haben so viele Spielfilme Wirklichkeit gedeutet.