1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Steuergeldkontrolle ist oft schwierig

Wolfgang Dick27. Mai 2012

Die Bundesregierung besteht darauf, dass andere Länder Europas einen Sparkurs einhalten. In Deutschland selbst gibt es nur wenige Institutionen, die staatliche Ausgaben kontrollieren oder gar verbieten können.

https://p.dw.com/p/153Hd
Sparschwein liegt auf einer Deutschlandfahne mit Euro-Geldscheinen. Foto: Jens Büttner dpa/lmv
Alle Staatsausgaben unterliegen der PrüfungBild: picture-alliance/dpa

168 Jahre würde es dauern, bis Deutschland seine Schulden von über 2000 Milliarden Euro getilgt hätte. Die Voraussetzung dafür wäre aber: Deutschland dürfte ab sofort keinen Cent Schulden mehr machen und müsste zusätzlich jeden Monat eine Milliarde Euro an den bestehenden Schulden abzahlen. Diese Rechnung hat der "Bund der Steuerzahler Deutschland" aufgemacht, um aufzuzeigen, wie problematisch die Ausgabenpolitik Deutschlands bereits jetzt ist und wie wichtig funktionierende Kontrollmechanismen sind.

In Deutschland bestimmen Politiker in den Stadträten, in 16 Länderparlamenten und im Bundestag, wofür wieviel Geld ausgegeben werden soll. Ob diese Ausgaben in jedem Fall sinnvoll sind und ob das Geld der Steuerzahler auch ordnungsgemäß investiert wird, darüber wachen in den Ländern einzig die Landesrechnungshöfe und auf Bundesebene der Bundesrechnunghof.

Dieter Engels, Praesident des Bundesrechnungshofes, praesentiert am in Berlin den Jahresbericht des Bundesrechnungshofes. Foto: Franka Bruns,AP
Dieter Engels, Chef des Bundesrechnungshofs, präsentiert einen PrüfberichtBild: AP

Sind die Kontrollinstanzen zahnlose Tiger?

Allein der Bundesrechnungshof mit seinen rund 1200 Mitarbeitern schreitet im Schnitt jährlich in mehr als 1000 Fällen ein und empfiehlt Behörden und Verwaltungen, auf Ausgaben ganz zu verzichten oder das vorgesehene Geld wirkungsvoller einzusetzen. So wurde zum Beispiel aufgedeckt, dass die Bundeswehr Boote bestellt hatte, die für den beabsichtigten Einsatz gar nicht geeignet waren.

„Wir haben vor allem die Stellen im Blick, wo viele Milliarden fließen“, sagt Martin Winter, Sprecher des Bundesrechnungshofs in Bonn. Er nennt vor allem die Bereiche Arbeit und Soziales sowie Wirtschaft und Agrar: „Immer, wenn es um die Vergabe von Subventionen geht, wird es besonders kritisch“. Die Beispiele von „Fehlausgaben“ sind so zahlreich, dass durch die Prüfungen ein Einsparpotenzial von 1,5 bis 2 Milliarden Euro pro Jahr aufgezeigt werden kann.

Mehr als Empfehlungen darf der Rechnungshof aber nicht aussprechen. Er darf auch ein Fehlverhalten der das Geld verwaltenden Behörden nicht direkt bestrafen. Das Grundgesetz sichert den Landesrechnungshöfen und dem Bundesrechnungshof zwar völlige Unabhängigkeit zu, welche Bereiche der Staatsausgaben geprüft werden. Kontrollen ohne Vorankündigung sind möglich. Auch besteht volles Zugriffsrecht auf Unterlagen und Akten von Verwaltungen. Alle entdeckten Mängel dürfen jedoch zunächst einmal nur den kritisierten Behördenchefs zugeleitet werden. Diese haben dann die Möglichkeit, die kritiserten Missstände zu beseitigen.

Erst wenn die Verwaltungsleiter den Empfehlungen der Rechnungshöfe nicht Folge leisten, erscheint der Vorgang in einem Bericht, den die Rechnungshöfe jährlich vorlegen. Dann erhält die nächste Instanz die Möglichkeit einzuschreiten. Das ist allein der Haushaltsausschuss des Bundestags.

Handschellen auf Euroscheinen. Foto: DW
Der Bund der Steuerzahler fordert höhere Strafen für GeldverschwenderBild: Fotolia/Andre Bonn

Strafen für Steuergeldverschwender

Damit entscheiden letztlich diejenigen über mögliche Konsequenzen, die mit den Behördenleitern parteipolitisch häufig verflochten sind - Politiker nämlich. Diesen „Kreislauf der Zuständigkeiten“ und die Möglichkeit, Verantwortlichkeiten zu verschleiern, kritisiert die private Organisation „Bund der Steuerzahler“. Der Zusammenschluss ist mit rund 300.000 Mitgliedern die größte Vereinigung von Steuerzahlern in der Welt. Seit Jahrzehnten kämpft dieser Verein in Deutschland gegen Steuergeldverschwendung. Inzwischen gilt der Verein als eine zweite, wenn auch nicht von der Politik, aber doch von der Öffentlichkeit anerkannte Kontrollinstanz. Die in seinen Augen schlimmsten Beispiele für Verschwendung öffentlicher Gelder sammelt der Verein und veröffentlicht sie in so genannten „Schwarzbüchern“. Jedes Jahr lesen Bürger von umstrittenen Ausgaben der Verwaltungen: von goldumrandeten Kanaldeckeln, von überflüssigen Brücken, von Uniformen, die in falschen Größen bestellt wurden oder von überteuerten Gebäude- und Straßenkosten. Insgeamt spricht der Bund von unnötigen Ausgaben in Höhe von 30 Milliarden Euro im Jahr.

„Wer so unüberlegt oder verantwortungslos Steuergelder ausgibt, muss bestraft werden“, fordert der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Karl Heinz Däke. Diese Forderung gibt es schon seit Jahren. Einzig: Getan hat sich bisher noch nichts. Ganze Heerscharen von Juristen haben sich mit diesem Vorschlag befasst und finden keine Lösung, die mit dem Grundgesetz und demokratischen Gegebenheiten vereinbar wäre. Politiker fast aller Parteien stellen sich außerdem schützend vor die Behörden und argumentieren: „Wenn solche Strafen eingeführt werden, dann entscheidet in diesem Land niemand mehr etwas“. Das äußerte auch schon der ehemalige Bundesfinanzminister Theo Weigel (CSU) öffentlich.

Verwiesen wird dabei immer wieder auf bestehende Gesetze in Deutschland. Die seien ausreichend, so die Kritker. So würden Untreue im Amt und Betrug bestraft. Das Problem dabei ist allerdings der Nachweis - denn natürlich würde Steuergeld nirgends vorsätzlich verschwendet, sagen die Parteien. Beim Bund der Steuerzahler wettert man allerdings gegen die in ihren Augen oft vorhandene Gedankenlosigkeit der Entscheider, die beim Entscheiden oft nach dem Motto vorgingen: „Ist mir doch egal. Es ist ja nicht mein Geld“.