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Wer investiert wo?

23. Juli 2010

Die Bankenkrise hat bei Auslands-Direktinvestitionen zu einem tiefen Einschnitt geführt. Wie sie sich seitdem entwickelt haben, damit befasst sich der Welt-Investitionsbericht 2010 der Vereinten Nationen.

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Die UN-Organisation beschäftigt die Frage, wer wo wieviel investiert hat

Es geht aufwärts. Wahrscheinlich. Die Handels- und Entwicklungsorganisation der Vereinten Nationen, die UNCTAD, erwartet einen schnellen Wiederanstieg der grenzüberschreitenden Direktinvestitionen. Aber neben diesem Optimismus durchzieht ihren neuesten Welt-Investitionsbericht auch die Sorge angesichts der weltwirtschaftlichen Risiken, die diese Entwicklung immer noch durchkreuzen könnten.

Die weltweiten Auslands-Direktinvestitionen waren im Krisenjahr 2009 um 37 Prozent eingebrochen, nachdem sie schon im Jahr zuvor, dem Jahr der Lehmann-Pleite, um 16 Prozent gesunken waren. Seit Beginn dieses Jahres beobachtet die UNCDAD aber wieder einen Aufwärtstrend, und sie erwartet, dass er sich fortsetzt. Allerdings werde auch 2012 der Stand von 2007 noch nicht wieder erreicht sein.

Mehr Investitionen in den Entwicklungsländern

Schornsteine im Shanghaier Stadtviertel Pudong (Foto: AP)
Mehr Fabriken werden in Entwicklungs- und Schwellenländern gebautBild: AP

Eindeutige Anzeichen sieht die Genfer Organisation dafür, dass sich ein Trend der letzten Vor-Krisen-Jahre verstärkt: Immer mehr werden Betriebe in Entwicklungs- und Schwellenländern gebaut, gekauft oder übernommen. Joachim Karl von der UNCDAD: "Die Hälfte aller Auslandsinvestitionen werden in Entwicklungsländern getätigt." Vor zehn Jahren waren es gerade mal 20 Prozent.

Entwicklungs- und Schwellenländer sind nicht nur verstärkt Ziel von Investitionen. Ihre Unternehmen treten auch selbst zunehmend als globale Investoren in Erscheinung. Wobei sie vor allem in anderen Entwicklungs- und Schwellenländern tätig werden. In Deutschland beispielsweise stammten immer noch 96 Prozent aller Direktinvestitionen aus anderen Industrieländern, sagte der Aschaffenburger Wissenschaftler Thomas Jost, der für die UNCDAD den Deutschland-Teil des Reports präsentierte: "Wir haben sehr wenige Investitionen in Deutschland aus Ländern wie Malaysia oder Singapur. Allerdings, in den letzten zwei, drei Jahren sind einige Investitionen hier angekommen aus Russland, aus arabischen Ländern." Dieser Trend werde in den nächsten Jahren zunehmen, so Jost weiter.

Leidet Klimaschutz unter Investitionen?

Ein besonderes Augenmerk legte der diesjährige UNCDAD-Report auf den Zusammenhang zwischen dem Klimaschutz und Auslandsinvestitionen. Sie seien Teil des Problems, aber gleichzeitig Teil der Lösung, meinte UNCDAD-Mitarbeiter Karl: "Sie tragen einerseits zum Anstieg der Emissionen bei, andererseits verfügen Auslandsinvestitionen über die Technologie und das Know-how, das erforderlich ist, um moderne Produkte, moderne Prozeduren einzuführen, die zu einer Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen beisteuern können."

Obama unterzeichnet das Gestz zur Finanzmarktreform (Foto: AP)
Die Rolle des Staates wird stärker: Obama unterzeichnet das Gestz zur FinanzmarktreformBild: AP

Aufschlussreich ist, welche Art von Investitionen von der Krise am stärksten betroffen waren. Auslandsinvestitionen "auf der grünen Wiese", also in den Neubau von Betriebsstätten, waren es relativ wenig. Drastisch war dagegen der Einbruch bei Private Equity Funds, also Fonds, die teilweise riskante Übernahme-Geschäfte tätigen. Ihre Auslandsinvestitionen sind 2009 um zwei Drittel gefallen. Vorangegangen war ein ebenso rasanter Anstieg: Von sieben Prozent aller weltweiten Direktinvestitionen im Jahr 2000 auf 22 Prozent 2007 - unübersehbar eine Folge der Deregulierung der Finanzmärkte. Die UNCDAD rechne nun damit, so Joachim Karl, dass die Rolle des Staates wieder stärker wird: "Die Zeit der mehr oder weniger schrankenlosen Liberalisierung geht zu Ende. Und die Aufgabe der nächsten Jahre wird darin bestehen, die richtige Balance zu finden zwischen einer stärkeren staatlichen Regulierung einerseits und einer ausreichenden Investitionsförderung andererseits."

Aber weil man nicht weiß, ob diese Balance gelingt, weil die wirtschaftliche Erholung immer noch brüchig ist, weil weltwirtschaftliche Ungleichgewichte fortbestehen, durchziehen den positiven Ausblick der UNCDAT auch viele Fragezeichen.

Autor: Peter Stützle
Redaktion: Zhang Danhong