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Wer sich bewegt, verliert

Ingun Arnold/Jan Friedmann5. Juli 2002

Waffenkontrollen gegen Aufhebung der Sanktionen: So lautet die mögliche Lösung im Konflikt zwischen dem Irak und der UNO - nur in welcher Reihenfolge? Am Freitag (5. Juli 2002) verhandeln die Kontrahenten erneut in Wien.

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Bild aus vergangenen Zeiten: UNO-Waffeninspekteure bei der ArbeitBild: http://www.un.org

Im New Yorker UNO-Hauptquartier sitzen 50 Waffenexperten und warten auf ihren Einsatz. Doch sie sind zum Nichtstun verdammt: Seit dreieinhalb Jahren verwehrt der Irak den Waffeninspekteuren die Einreise. Sie würden spionieren anstatt zu kontrollieren, so lautet der Vorwurf der irakischen Seite. Außerdem müssten zunächst die Sanktionen aufgehoben werden, die vor zwölf Jahren nach dem Überfall auf Kuwait gegen das Land verhängt wurden.

Der UN-Weltsicherheitsrat will eine baldige Rückkehr der UN-Waffeninspektoren erreichen. Darüber verhandeln in Wien zwei Delegationen unter der Führung des UN-Generalsekretärs Kofi Annan und des irakischen Außenministers Naji Sabri. Das Mandat für die UN-Inspekteure, im Irak nach Produktionsanlagen und Forschungsstätten für Massenvernichtungswaffen Ausschau zu halten, besteht unverändert.

Gefahr durch Garagenlabors?

Welches Bedrohungspotenzial der Irak tatsächlich in der Hand hält, ist dabei unklar. Die Kontrolleure hätten vor dem Ende ihrer vergangenen Mission zweifelsfrei festgestellt, dass der Irak keine Nuklearwaffen bauen könne, sagt der Hamburger Friedensforscher Reinhard Mutz in einem Gespräch mit DW-WORLD. Das Problem seien chemische Waffen, die in jedem "Garagenlabor" zusammengebastelt werden könnten. "Es gibt keine Beweise dafür, dass der Irak Chemiewaffen besitzt. Aber es gibt auch keine Gegenbeweise", erklärt Mutz das Dilemma.

Nach den UN-Resolutionen kann das Handels- und Finanzembargo erst dann aufgehoben werden, wenn die Inspektoren sicher sind, dass der Irak keine atomaren, biologischen oder chemischen Waffen besitzt.

Ebbe in den Basaren

1995 wurden die Handelssanktionen teilweise abgemildert. Durch das Konzept der "smart sanctions" - Sanktionen ja, aber wenn möglich nicht gegen die Zivilbevölkerung - ist das Angebot in den Basaren zwar besser geworden, aber kaum jemand kann sich die Waren leisten. Aziz Alkazaz, Irak-Experte des Deutschen Orient-Instituts in Hamburg, sieht keine wesentlichen Erleichterungen für das tägliche Leben.

Die Liste der "genehmigungspflichtigen Importe" sei lang, sagt Alkazaz im Interview mit DW-WORLD. Sie umfasse auf 300 Seiten Waren der unterschiedlichsten Produktgruppen, vom Computer über Medikamente bis hin zum Bleistift. Das Programm "Öl für Lebensmittel" erlaube zwar den Export von Erdöl, aber der Irak könne über die Einnahmen nicht frei verfügen. Die Druckwirkung der Sanktionen halten die Experten für begrenzt. Durch das Embargo seien Volk und Regierung eher enger zusammengerückt, sagt Alkazaz.

USA wollen Saddam Hussein stürzen

Zusätzlich erschwert werden die aktuellen Verhandlungen durch die Irak-Pläne der Vereinigten Staaten. "Es geht den USA nicht um eine Wiederaufnahme der Waffeninspektionen, sondern um den Sturz des Regimes von Saddam Hussein", betont Friedensforscher Mutz. "Eine Aktion der USA gegen Saddam Hussein ist nicht eine Frage des "Ob", sondern allein des "Wann"." Für die USA spielten deshalb die aktuellen Verhandlungen über eine Wiederaufnahme der Inspektionen nur eine untergeordnete Rolle.

Angesichts der verfahrenen Situation im Dreieck Irak-UNO-USA geben die Experten dem neuerlichen Einigungsversuch kaum eine reelle Chance. "Würden die Sanktionen aufgehoben, wäre das ein Image-Gewinn für Saddam Hussein", betont Alkazaz. "Doch das wäre dem Prestige der Weltmacht USA nicht zuträglich."

Verhandlungen verfahren

Kofi Annan gab sich vor den Verhandlungen unverdrossen optimistisch: "Ich habe die große Hoffnung, dass Fortschritte gemacht werden, was die Rückkehr der Inspekteure betrifft." Wahrscheinlich werden die Waffen-Experten in New York jedoch weiterhin auf ihren Einsatz warten müssen.