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Gipfel-Gegner

2. April 2009

Schwarz vermummte, fliegende Flaschen und Steine, splitterndes Glas. Randale und Gewalt auch beim G20-Gipfel London. Bilder, die um die Welt gehen, aber unvollständig sind.

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Eine vermummte Demonstrantin wird von britischen Polizisten festgehalten (Foto: dpa)
Sieht die Polizei nicht gern: vermummte DemonstrantenBild: picture-alliance/ dpa

Wo immer sich auch die Staats- und Regierungschefs versammeln, sie sind auch da: Demonstranten. "Wer sich den Gipfel einlädt, der lädt sich auch Protest ein", sagt einer von ihnen. Den G20-Gipfel in London haben 5000 Protestler genutzt. Dem Protest-Aufruf, den NATO-Gipfel in Straßburg, Kehl und Baden-Baden am Freitag (03.04.2009) und Samstag zu stören, werden wohl noch mehr Menschen folgen, um ihre Botschaft kundzutun. Herauszufinden, welche Botschaft das genau ist, ist gar nicht so einfach.

"Bestraft die Plünderer"

Vermummte Demonstranten halten ein Banner mit der Aufschrift 'Kapitalism kills' in die Höhe. (Foto: dpa)
Für viele ein nicht greifbares Hassobjekt: der KapitalismusBild: picture-alliance/ dpa

"Ich will das Bankensystem als das bloßstellen, was es ist - nämlich eine Lüge", sagt eine englische Demonstrantin in London. So wie sie fühlen viele. Ein Großteil der Menschen auf der Straße ist wütend über den Bankrott des Weltfinanzsystems. "Bestraft die Plünderer" steht auf ihren Plakaten. Millionen-Boni für Manager, deren Banken durch Steuergelder gerettet werden mussten: Das treibt viele Menschen auf die Straße. Sie ärgern sich über die Staats- und Regierungschefs und deren Krisenmanagement. Der politische Gipfel ist für sie das Symbol einer neoliberalen, kapitalistischen Weltordnung, die in ihren Augen versagt hat.

Bunte Mischung

"Ich bin mit einer Gruppe von Klimaschützern hier", sagt eine junge Frau. Sie demonstriert dafür, dass Umweltschutz und Klimawandel nicht vergessen werden. Der Klimaschutz zieht seit Jahren Demonstranten zu politischen Gipfeltreffen an. Jetzt ist der Ärger bei diesen Aktivisten besonders groß: "Die Staaten geben Milliarden aus, um Banken zu retten. Geld, das sie nie hatten, als es um den Umwelt- und Klimaschutz ging", schimpfen sie.

Britische Polizisten gehen mit erhobenem Schlagstock in Richtug der drängelnden Demonstranten (Foto: AP)
Gewalt, die sich aufheizt: Die Polizei greift durchBild: AP

Manche Demonstranten können gar nicht genau sagen, wofür oder wogegen sie genau sind. Sie fühlen sich einfach schwach, hilf- und einflusslos. Sie demonstrieren gegen dieses grundsätzliche Gefühl der Ohnmacht, so hat es den Anschein. "Protestieren ist das Einzige, was wir tun können. Ich weiß nicht, was ich sonst tun soll. Ich denke, jeder fühlt sich machtlos und wütend. Alle sorgen sich doch um die Zukunft ihrer Kinder."

Gemeinsame Botschaft fehlt - kein Problem

Es gibt viele verschiedene und unterschiedlich große Gruppen von Gipfel-Gegnern. Den überwiegenden Teil der Demonstranten kann man wohl der politisch Linken zurechnen: Grüne, Attac-Aktivisten, Gewerkschafter, Studenten, Kommunisten. Sie protestieren gegen Krieg, Umweltzerstörung und Kapitalismus. Jeder gegen das, was ihn am meisten verärgert. Eine gemeinsame Botschaft gibt es nicht. Kein Problem, meint eine Engländerin: "Es werden doch beim G20-Gipfel selbst auch verschiedene Schlüsselthemen diskutiert, also ist es doch genauso legitim, wenn wir auch gegen verschiedene Dinge protestieren und unsere Stimme erheben."

Friedliche Demonstranten vor der Bank von Schottland (Foto: AP)
Was wollen sie? Protest wogegen?Bild: AP

Die Stimme erheben, das ist in einer Demokratie erlaubt. Pflastersteine, Flaschen und andere Wurfgeschosse einiger gewaltbereiter Autonomer aus dem so genannten "schwarzen Block" bringen hingegen alle Demonstranten in Gefahr. Werner Rätz, einer der Gründer von Attac-Deutschland, distanziert sich: "Wir als Attac haben da eine klare Festlegung: Wir wenden bei unseren Aktionen nur friedliche Mittel an", sagt er.

Am Ende sind es aber eben doch oft die schwarzen Schafe, die es in die Schlagzeilen schaffen. So war es auch in den zwei Tagen rund um den G20-Gipfel in London. Die Polizei teilte mit, dass sie 111 Randalierer festgenommen habe. Die Mehrzahl von ihnen sei an beiden Tagen an Krawallen beteiligt gewesen. Acht Festgenommene wurden bereits angeklagt.

Autor: Benjamin Wüst

Redaktion: Kay-Alexander Scholz