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Wer solche Freunde hat...

Wolter v. Tiesenhausen7. Juni 2002

FDP-Chef Guido Westerwelle und sein Vize Jürgen Möllemann sind nicht die besten (Partei-)freunde. Den Eindruck hat zumindest DW-Korrespondent Wolter v. Tiesenhausen.

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Von dem großen Zentrumspolitiker Ludwig Windthorst wird das Stoßgebet berichtet: "Herr bewahre mich vor meinen Freunden, mit meinen Feinden werde ich schon alleine fertig." Ähnlich wird in diesen Tagen der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle empfunden haben. Eben noch wurde er auf dem Parteitag als Hoffnungsträger und Kanzlerkandidat gefeiert, heute steht er vor einem Scherbenhaufen. Angerichtet hat ihn sein Stellvertreter Jürgen Möllemann.

Genau jener, der auf die Ausrufung eines eigenen Kanzlerkandidaten bestanden hat, obwohl jedes Kind weiß, daß auch 18 Prozent der Wählerstimmen nicht ausreichen, um das mächtigste Amt im Staate zu besetzen. Westerwelle hat lange gezögert, erlag aber dann doch den Verlockungen. Einen Kanzlerkandidaten der FDP, das hatte es noch nie gegeben. Der publizistische Aufwind musste genutzt werden.

Doch im Handumdrehen war alles wieder dahin. Möllemanns fahrlässiges Geschwätz zu Nahost, seine Rüpeleien gegenüber führende Vertreter der deutschen Juden vermengten sich zum Skandal, der auch Westerwelle beschädigte. Was politischen Gegnern nicht gelang, das schaffte Parteifreund Möllemann im Alleingang: die Parteitagseuphorie ist zerstoben, der eitle Anspruch Kanzlerkandidat ins Lächerliche verzerrt, das ehrgeizige Ziel 18 Prozent in weite Ferne gerückt. Es hat sich wieder einmal bestätigt: wer solche Freunde hat, der braucht keine Feinde.