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Westerwelle erläutert Afghanistan-Strategie

16. Dezember 2010

Außenminister Westerwelle hat im Bundestag eine Regierungserklärung zum Afghanistan-Krieg abgeben. Auch US-Präsident Obama zieht eine Zwischenbilanz dieses Einsatzes. 2010 war das verlustreichste Jahr am Hindukusch.

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Bundesaußenminister Guido Westerwelle im Bundestag (Archivfoto: dpa)
Bundesaußenminister Guido Westerwelle stellt sich im Parlament der DebatteBild: picture alliance/dpa

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) hat am Donnerstag (16.12.2010) im Bundestag die Afghanistan-Strategie der Regierungskoalition erläutert. Der Vizekanzler gab dazu im Parlament eine 20-minütige Regierungserklärung zu "Fortschritten und Herausforderungen in Afghanistan" ab. Westerwelle kündigte an, dass das deutsche Truppen-Kontingent in Afghanistan von Ende 2011 an verkleinert werden solle. Derzeit sind etwa 5000 deutsche Soldaten in dem Land im Einsatz. Im Januar muss der Bundestag über das künftige Mandat entscheiden. Westerwelle sagte, Deutschland verteidige in Afghanistan auch seine eigene Sicherheit. "Deshalb ist dieser Einsatz richtig. Richtig ist aber auch, dass er nicht endlos dauern darf."

Westerwelle betonte, dass die Lage in Afghanistan weiterhin kritisch sei. Es seien aber auch Erfolge erkennbar, etwa bei der wirtschaftlichen Entwicklung und bei der Schulausbildung von Mädchen. Bei der Ausbildung afghanischer Polizisten und Soldaten werde die Zielmarke von 300.000 deutlich früher erreicht als geplant.

Der Bundesaußenminister wies die Kritik der Opposition an der umstrittenen Reise des Ehepaars Guttenberg nach Afghanistan zurück: "Ihre Schmähkritik an Frau zu Guttenberg war einfach unanständig." Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hatte am Montag auf seiner siebten Afghanistan-Reise seine Frau Stephanie sowie einen TV-Moderator mitgenommen und damit einen Sturm der Empörung in der Opposition ausgelöst.

Bilanz von neun Jahren Militäreinsatz

Bundeswehrsoldaten tragen am 9. April 2010, nach einer Trauerfeier für die drei in Afghanistan getöteten Soldaten die flaggengeschmückten Särge aus der St.-Lamberti-Kirche in Selsingen, Niedersachsen. Drei Bundeswehrsoldaten waren bei den bisher schwersten Gefechten der Bundeswehr mit Taliban-Kämpfern in Afghanistan am Karfreitag, 2. April 2010, in der Region Kundus getötet worden. (Foto: ap)
Es war das verlustreichste Jahr in Afghanistan - auch Bundeswehrsoldaten fielen im KampfBild: AP

Grundlage für Westerwelles Erklärung war der sogenannte Fortschrittsbericht zur Entwicklung am Hindukusch, den die Bundesregierung am Montag den Parlamentariern vorgelegt hatte. Darin zeichnet die Regierung ein gemischtes Bild von der Entwicklung in Afghanistan.

"2010 wurde zum verlustreichsten Jahr der internationalen Militärpräsenz", heißt es wörtlich in dem Fortschrittsbericht der Bundesregierung. Darin wird erstmals neun Jahre nach dem Start des Afghanistan-Einsatzes eine offizielle Zwischenbilanz gezogen. Der etwa hundertseitige Bericht spricht von Erfolgen im Bildungswesen sowie in der Strom- und Wasserversorgung, prangert aber auch die anhaltende Korruption an und schätzt die Menschenrechtslage als unzureichend ein. Die Sicherheitslage wird kritisch bewertet.

Wehrbeauftragter warnt vor Folgen der Bundeswehrreform

Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Hellmut Königshaus, warnte vor dem Hintergrund der Bundeswehrreform vor einem drastischen Abbau von Bundeswehrstandorten. Die Bundeswehrreform könne nicht nur unter betriebswirtschaftlichen Aspekten erfolgen, sagte Königshaus der "Passauer Neuen Presse" (Donnerstagausgabe). Kein Verständnis zeigte Königshaus für die Debatte um den Afghanistan-Besuch von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zusammen mit seiner Frau Stephanie und einem Talkshow-Moderator: "Ich bin froh, dass der Verteidigungsminister so häufig in Afghanistan bei der Truppe ist, um dort die Sorgen und Nöte der Soldaten aufzunehmen." Das gehöre zu den wichtigsten Aufgaben eines Ministers.

Obamas Afghanistan-Zwischenbilanz

Obama spricht und hebt Zeigefinger, US-Flagge im Hintergrund (Archivfoto: ap)
Obama hat die Zahl der US-Soldaten in Afghanistan erhöhtBild: AP

Rund ein Jahr nach Verkündung seiner neuen Strategie für den Afghanistan-Krieg wird auch US-Präsident Barack Obama an diesem Donnerstag einen Regierungsbericht über den Einsatz in Afghanistan präsentieren. Medienberichten zufolge zeigt der Report neben Erfolgen im Kampf gegen die radikalislamischen Taliban auch viele Probleme auf. Dennoch könne der Abzug der US-Truppen wie geplant im Juli 2011 beginnen. 2014 solle der Kampfeinsatz von derzeit rund 130.000 internationalen Soldaten in Afghanistan schließlich auslaufen. Das Tempo des Rückzuges sei aber noch offen. Obama hatte das US-Kontingent erst in diesem Jahr um 30.000 Soldaten aufgestockt, um den Kampf gegen die Islamisten voranzutreiben.

Problemfall Pakistan

In dem Report wird Kritik geäußert zur Rolle Pakistans als Rückzugsgebiet für die islamistischen Kämpfer. Das Nachbarland Afghanistans habe seine Strategie "nicht fundamental geändert". Der Unwille der Pakistaner, gegen Verstecke vorzugehen, sei ein "ernsthaftes Hindernis" für den Militäreinsatz, zitierte die "New York Times" am Mittwoch aus Geheimdienstberichten. Terroristen könnten ungehindert die Grenze zwischen den Ländern überqueren, Anschläge verüben und internationale Truppen angreifen.

Auch der afghanischen Regierung von Präsident Hamid Karsai werde ein "wenig positives" Zeugnis ausgestellt, schreibt die "Washington Post". Es gebe erhebliche Fragezeichen, ob tragfähige Strukturen etabliert und kompetente Beamte beschäftigt werden könnten, um Vertrauen in der afghanischen Bevölkerung zu schaffen.

Autor: Martin Schrader (afp, dapd, dpa, rtr)

Redaktion: Herbert Peckmann