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Westerwelle muss viele Bedenken ausräumen

7. Januar 2010

Außenminister Westerwelle versucht, bei seinem Türkei-Besuch Mut zu machen für weitere Reformen. Seine Gastgeber beobachten derweil misstrauisch die Debatte innerhalb der Bundesregierung um einen türkischen EU-Beitritt.

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Die Außenminister Westerwelle (l.) und Davutoglu in Ankara (Foto: AP)
Warb bei seinem Kollegen Davutoglu um Vertrauen: Außenminister WesterwelleBild: AP

Von Guido Westerwelle war Geduld verlangt und er musste sein breitestes Lächeln aufsetzen: Der Koalitionspartner CSU wolle den Abbruch der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei fordern, hieß es in türkischen Medien, als er am Donnerstag (07.01.2010) zu seinem ersten Besuch als neuer deutscher Außenminister in Ankara eintraf.

Und tatsächlich kam das erwartete Sperrfeuer aus Bayern: CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt hielt es beim Klausurtreffen in Wildbad Kreuth für notwendig, den FDP-Chef vor entsprechenden Beitrittszusagen an die Türken zu warnen. Wörtlich: "Ich kann ihm (Westerwelle) nur raten, nicht wieder Geheimabsprachen zu treffen, wo wir dann die Scherben zusammenkehren müssen." Ein EU-Beitritt der Türkei sei nicht gut für Europa.

Abweichende Position der FDP

Trotz der Forderung aus Kreuth sei Gelassenheit angeraten, mühte sich Westerwelle seinen Gastgebern zu vermitteln. Er konnte sich immerhin auf den Berliner Koalitionsvertrag berufen. Darin steht, dass die zwischen der EU und der Türkei vertraglich vereinbarten und 2005 begonnenen Beitrittsverhandlungen weitergehen, auch wenn längst noch nicht sicher ist, ob am Ende die Aufnahme der Türkei folgen wird. Die FDP lehnt eine Aufnahme der Türkei im Gegensatz zur Union nicht generell ab. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) favorisiert eine "privilegierte Partnerschaft", was am Bosporus abgelehnt wird.

Gruppe von Türken vor einem Cafe in Berlin-Kreuzberg (Foto: dpa)
Hunderttausende Türken leben und arbeiten seit Jahrzehnten in DeutschlandBild: picture-alliance / dpa/dpaweb

"Die Türkei hat einen Anspruch auf faire Verhandlungen und einen zuverlässigen Verhandlungspartner", betonte Westerwelle denn auch in seiner Grundsatzrede vor 200 türkischen Diplomaten in Ankara. Der Beitrittsprozess werde ergebnisoffen gestaltet. "Darauf gebe ich ihnen mein Wort", bekräftigte der Liberale.

Zentrales Hindernis Zypern-Frage

Er lobte die türkische Reformpolitik der vergangenen Jahre, forderte zugleich aber weitere Anstrengungen. Als "Schlüssel" für Fortschritte nannte Westerwelle den Konflikt um Zypern. Die Türkei hat es immer noch nicht vekraftet, dass die EU vor sechs Jahren den griechischen Teil der Insel als Mitglied akzeptierte. Ankara müsse nach vorne schauen, mahnte der Deutsche das diplomatische Corps.

Bei einer Pressekonferenz mit seinem türkischen Amtskollegen Ahmet Davutoglu wurde der Außenminister trotz aller Beteuerungen misstrauisch gefragt, ob er mit seiner pro-türkischen Linie denn auch wirklich den Kurs der Bundesregierung und auch die von Kanzlerin Merkel vertrete. Natürlich sei das so, erwiderte Westerwelle strahlend. Schließlich spreche er als deutscher Außenminister und sei - so wörtlich - "nicht als Tourist in kurzer Hose unterwegs."

Autor: Siegfried Scheithauer (afp,apd,rtr)
Redaktion: Martin Schrader