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So geht' s

23. November 2009

Im Fußball kann man inzwischen auf alles wetten: Tore, Ecken, Elfmeter oder wann der erste Trainer gefeuert wird. Via Internet geht das schnell und einfach. Das erleichtert aber auch Betrügern ihr Handwerk.

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Eine Person läuft an einem Wettbuero in Hamburg vorbei (Foto: AP)
Bild: AP

Die Freude am Fußball haben die meisten schon als Kind für sich entdeckt. Ihnen reicht es, im Stadion oder vor dem Fernseher mit ihrem Lieblingsverein zu hoffen und zu bangen. Denn, so hat es der frühere Bundestrainer Sepp Herberger formuliert: Das Schönste am Fußball ist, dass man vorher nicht weiß, wie's hinterher ausgeht.

Dass auf den Ausgang von Fußballspielen gewettet wird, ist nicht neu. Doch das Internet hat dem Wettfieber völlig neue Möglichkeiten eröffnet. Da das Medium so schnell ist, kann man auch live wetten, also darauf setzen, was in einem laufenden Match als nächstes passieren wird.

Doch nicht nur Buchmachern und wettenden Sportfreunden macht es das Internet einfacher, auch Betrüger nutzen das Medium offenbar gern.

Ein Selbstversuch

Schieber und Betrüger schätzen die Anonymität des Mediums und den schnellen Zugriff auf Daten aus der ganzen Welt. Und sie profitieren davon, dass man auch auf Abseitiges setzen kann: Auf die Anzahl der Ecken in einem Spiel, die Minute, in der der erste Spieler verletzt ausgewechselt werden muss oder wann der erste Kicker eine Gelbe Karte sieht.

Englisches Wettbüro (Quelle: AP)
In England kann man auf Wahlen wie auf Fußballmatches wettenBild: AP

Ich habe einen Selbstversuch unternommen, mich via Internet registriert und in England ein Wettkonto eröffnet. Ich war immer schon ein Freund von Leeds United. Die sind inzwischen ziemlich auf den Hund gekommen und ein paar Mal abgestiegen. Ich suche und finde meine Freunde in der dritten Liga wieder. Und siehe da: Leeds spielt gegen Leyton Orient. Jetzt ran an den Speck: Ich setze auf Sieg! Da werde ich den aktuellen Quoten nach nur 3 Euro gewinnen, aber was soll’s, jeder hat mal klein angefangen.

Der große Betrug findet im Kleinen statt

Neben meiner privaten Wette recherchiere ich ja auch beruflich und stelle fest: Da ist ja schon die Grauzone erreicht, in der Spiele verschoben werden - weltweit. Dazu braucht es nicht viel, nur einen Internetzugang für das World Wide Web. Wo es in Deutschland Grenzen gibt, gibt es die in Asien nicht. Dort kann man so viel Geld setzen, wie man will. In der "Süddeutschen Zeitung" lese ich, dass allein in China jährlich 50 Milliarden Euro auf Fußballspiele gewettet werden.

Schon vor ein paar Jahren gab es einen Wettskandal im deutschen Fussball. Hauptakteur damals: Skandal-Schiedsrichter Hoyzer (Foto: DPA)
Vor Jahren aktiv: Skandal-Schiedsrichter Hoyzer (rechts), der auch noch einen Kollegen beschuldigteBild: picture-alliance / Sven Simon

Dazu braucht es Akteure, die bereit sind, für ein paar Tausender Beruf und Reputation auf’s Spiel zu setzen. Menschen, die sich für unterbezahlt halten, finden sich schließlich überall. Und wenn dazu jemand kommt, der mit krimineller Energie Spieler oder Schiedsrichter dazu bringt, ein Spiel zu beeinflussen, ist der Wettbetrug schon fast vollzogen.

Und so einfach geht's

Ein biederer Familienvater beispielsweise in, sagen wir mal, Lüttich, möchte Geld beim Fußball gewinnen. Da erinnert sich unser belgischer Sportsfreund an seine letzte Urlaubsbekanntschaft. An den Typen mit dem dicken Auto, der alles, aber wirklich alles über Fußball wusste und jeden Kicker kannte. Den ruft er an und erfährt von ihm das Neueste. Da spiele in einer rumänischen Liga ein bemerkenswert durchsetzungsfreudiger Kicker, der nächstens ganz bestimmt nur Sekunden für seine erste Verwarnung brauchen wird.

So mit Insiderwissen versorgt, setzt der Gute ein hübsches Sümmchen auf eine Gelbe Karte in den ersten Minuten eines Spiels in der rumänischen Provinz.

Polizeiwagen vorm deutschen Drittligisten VfL Osnabrück (Foto: DPA)
Beim Drittligisten VfL Osnabrück wird auch ermitteltBild: picture-alliance/ dpa

Es kommt der Spieltag - und das große Match. Da läuft der Mittelstürmer der Gastmannschaft vom Anstoß weg auf seinen Gegenspieler zu und tritt ihn um. Der Spieler sei übermotiviert gewesen, wird anderntags in der Zeitung zu lesen sein und er habe seine Gelbe Karte zu Recht kassiert. Dass unser belgischer Wettfreund seinen Einsatz großzügig vermehrt und der besagte Mittelstürmer an einer Autobahnraststätte eine dicke Prämie kassiert hat, steht natürlich nicht in der Zeitung.

Der Spaß am Spiel ist verloren

Ein Spiel zu verschieben ist nicht schwer. Am leichtesten geht es bei einem kleinen Verein. Da ist die mediale Aufmerksamkeit gering und es ist unwahrscheinlich, dass ein Fernsehbeweis Licht auf eine dubiose Spielszene wirft. Und wo nicht viel Geld verdient wird, sind die Akteure auch leichter zu bestechen.

Schaden nehmen dabei alle: Wettanbieter, die enorme Gewinne auf bizarre Wetten auszahlen müssen, Sportverbände, die keinen sauberen Wettbewerb garantieren können und Fans, die um die Freude am Fußball gebracht werden.

Und mein Selbstversuch? Nun, ich hoffe immer noch, dass Leeds United sein Spiel gegen Leyton Orient gewinnt. Aber wenigstens finanziell kann mir das egal sein. Ich habe meine Wette zurückgezogen.

Autor: Dirk Kaufmann

Redaktion: Kay-Alexander Scholz