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WEF: Deutschland weniger wettbewerbsfähig

Rolf Wenkel
28. September 2016

Deutschland hat seine Position im internationalen Wettbewerb nach Ansicht des Weltwirtschaftsforums (WEF) gestärkt. Trotzdem ist es im WEF-Ranking um einen Platz nach hinten gerutscht.

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Bild: picture-alliance/dpa/J.C.Bott

In den Kategorien Infrastruktur und institutionelle Stärke hat Deutschland leicht an Boden verloren. Unterm Strich rutschte das Land im "Globalen Wettbewerbsindex 2016", den das World Economic Forum (WEF) jährlich in Genf veröffentlicht, um einen Rang auf den fünften Platz ab und wurde von den Niederlanden überholt, die nach Ansicht des WEF ihre Wettbewerbsfähigkeit noch deutlicher verbessert haben. Spitzenreiter bleibt die Schweiz vor dem südostasiatischen Stadtstaat Singapur und den USA.

"Eine wichtige Herausforderung im kommenden Jahr für den Arbeitsmarkt wird die Integration der großen Zahl von Flüchtlingen sein, von denen viele 2015 eingetroffen sind", schrieb das WEF. Die Experten lobten zugleich: "Erste Schritte wurden eingeleitet, um die Eintrittsschranken für Asylsuchende in den Arbeitsmarkt zu verringern." Als größte Hemmnisse für Deutschland macht das WEF die überbordenden Steuervorschriften sowie die Steuersätze aus.

Auf globaler Ebene stellt der in den letzten zehn Jahren gesunkene Offenheitsgrad von Volkswirtschaften ein Risiko für das globale Wachstum und Innovation dar, so eine zentrale Erkenntnis des diesjährigen Berichts. Wie offen Volkswirtschaften für internationalen Waren- und Dienstleistungsverkehr sind, steht in direktem Zusammenhang sowohl mit dem Wirtschaftswachstum als auch mit dem Innovationspotenzial eines Landes.

Öffnung der Volkswirtschaften lässt nach

Der Abwärtstrend des vergangenen Jahrzehnts, den die Experten des WEF ausmachen, betrifft alle Einkommensgruppen und wird in erster Linie einem Anstieg nichttarifärer Handelshemmnisse zugeschrieben. Daneben spielen die Belastung durch Zollverfahren, der Einfluss von Regelungen auf ausländische Direktinvestitionen sowie die Verbreitung ausländischer Beteiligungen eine Rolle.

"Der sinkende Offenheitsgrad in der Weltwirtschaft stellt für einen neuen Aufschwung und zukünftigen Wohlstand ein Risiko dar", so Klaus Schwab, Gründer und Vorsitzender des Weltwirtschaftsforums. "Führungspersönlichkeiten und Entscheidungsträger müssen den Trend der letzten zehn Jahre umkehren und gleichzeitig für inklusives Wachstum sorgen, ein Wachstum, das keine Ungleichheiten schafft, damit jeder die Chance hat, von der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit zu profitieren."

Schweiz Paradeplatz Zürich
Die Schweiz (hier der Paradeplatz in Zürich) führt auch in diesem Jahr das WEF-Ranking an.Bild: picture alliance/KEYSTONE

Expansive Geldpolitik kein Garant für Konjunktur

Der Bericht legt auch dar, weshalb die expansive Geldpolitik der Notenbanken nicht unbedingt ausreicht, um langfristiges Wachstum in den Industriestaaten wieder anzukurbeln. So stellt der Bericht fest, dass Interventionen bei Volkswirtschaften mit verhältnismäßig niedriger Wettbewerbsfähigkeit nicht den gleichen Effekt hatten wie Interventionen in Volkswirtschaften, die im WEF-Ranking in den vorderen Rängen zu finden sind. Das legt nahe, dass starke Wettbewerbsfähigkeit eine Grundvoraussetzung für den Erfolg monetärer Impulse ist.

Der Bericht beschreibt auch, inwiefern sich Prioritäten für Länder in früheren Entwicklungsphasen verschieben könnten. Grundlegende Triebfedern der Wettbewerbsfähigkeit, wie Infrastruktur, Gesundheit, Bildung und gut funktionierende Märkte werden immer wichtig sein; doch die Index-Daten legen nahe, dass seit 2014 die Leistung eines Landes in den Bereichen technologischer Entwicklungsgrad, Entwicklungsstand der Unternehmen und Innovation eine bedeutendere Rolle beim Wachstum des Pro-Kopf-BIP spielt als früher.

Nord-Süd-Gefälle bleibt bestehen

Während europäische Volkswirtschaften weiterhin die Top Ten im WEF-Ranking dominieren, ist nach wie vor kein Ende in Sicht für das Nord-Süd-Gefälle in Europa. Spanien verbessert sich um einen Rang und klettert auf Platz 32, Italien hingegen fällt um einen Rang auf Platz 44. Portugal verschlechtert sich um acht Ränge auf Platz 46 und Griechenland um fünf auf Platz 86. Frankreich, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone, verbessert sich um einen Rang und erreicht Platz 21.

Ferner gibt es Anzeichen der Annäherung hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit der weltgrößten Schwellenländer. China, auf Platz 28, bleibt Spitzenreiter, trotz eines weiteren Sprungs von Indien, das sich um 16 Ränge auf Platz 39 verbessert. Sowohl Russland als auch Südafrika verbessern sich um je zwei Ränge auf 43 bzw. 47, nur Brasilien verschlechtert sich und fällt um sechs Ränge auf Platz 81.

Bei den Staaten der Region Ostasien und Pazifik geht die Schere bei der Wettbewerbsfähigkeit indes weiter auseinander. Obwohl 13 der 15 Volkswirtschaften, die seit 2007 kontinuierlich ins Ranking einbezogen wurden, ihren Index-Wert im Laufe des vergangenen Jahrzehnts verbessern konnten, ist in diesem Jahr in einigen größeren Schwellenländern der Region ein Umkehrtrend zu beobachten: Malaysia verliert seinen Platz in den Top 20 und fällt um sieben Ränge auf Platz 25, Thailand rutscht um zwei Ränge auf Platz 34, Indonesien um vier auf Platz 41 und die Philippinen verschlechtern sich um zehn Ränge auf Platz 57.

Zwei Länder in Lateinamerika und der Karibik schaffen es in diesem Jahr unter die Top 50. Chile, der Ausreißer der Region, liegt auf Platz 33 und verbessert sich damit um zwei Ränge. Einen der größten Sprünge nach vorn macht in den Ländern Afrikas südlich der Sahara Ruanda, das um sechs Ränge auf Platz 52 klettert. Das Land ist damit den traditionell wettbewerbsfähigsten Ländern der Region auf den Fersen: Mauritius und Südafrika, die, obwohl beide Länder eher bescheidene Verbesserungen verzeichnen, auf Platz 45 bzw. 47 vorrücken.