1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

White House 2.0

Christina Bergmann29. Januar 2009

Seit Barack Obama im Amt ist, ist alles anders in Washington. Und das gilt nicht nur für die Politik des 44. Präsidenten. Auch Stil und Technik im Weißen Haus haben sich geändert.

https://p.dw.com/p/Gjfz
Bild: DW

Das erste Foto aus dem Oval Office, das von dem frisch gewählten Präsidenten um die Welt ging, wäre in den acht Jahren zuvor so nicht möglich gewesen. Nicht, weil der Präsident darauf telefonierte. Sondern weil er kein Jackett anhatte. Sein Vorgänger George W. Bush legte darauf unbedingten Wert: Das Arbeitszimmer des Präsidenten ist nur im Anzug und mit Krawatte zu betreten.

Barack Obama hat diese Regel umgehend außer Kraft gesetzt. Was offenbar so ungewöhnlich ist, dass es der "New York Times" am Donnerstag (29.01.2009) gleich einen ganzen Artikel auf Seite eins Wert war. Wie die Zeitung weiter berichtet, hat Obama außerdem die Kleiderordnung für seine Mitarbeiter am Wochenende geändert - und sei selbst in Hemd, Pullover und einer Freizeithose aufgetaucht.

Ansprache auf Youtube

Fernschreiber Christina Bergmann

Präsident Obama bricht mit vielen Gewohnheiten seines Vorgängers - und nimmt es dabei in Kauf, die amerikanische Öffentlichkeit und insbesondere die Presse zu irritieren. Sein erstes Fernsehinterview gab er nicht einem der großen amerikanischen Fernsehsender, sondern dem arabischen Sender El Arabija. Seine samstägliche Radioansprache wird direkt auf YouTube gestellt und macht tatsächlich Schlagzeilen, zum Beispiel wenn er seinen Landsleuten seine Ideen für das Wirtschaftspaket erklärt, das gerade im Kongress debattiert wird.

Alte Software und tote Telefone

Doch die Umstellung vor allem auf die Techniken des 21. Jahrhundert stößt im Weißen Haus auf unerwartete Widerstände. Die Computer, so berichtete die "Washington Post", seien mit sechs Jahre alter Software versehen gewesen. Laptops habe es nur wenige gegeben, Telefonnummern seien nicht erreichbar gewesen. Auch die Internet-Seiten und die Email-Verbindung nach draußen funktionieren wohl noch immer nicht richtig.

Direkt nachdem Präsident Obama seinen Amtseid geschworen hatte, wurden offensichtlich auch die Presseverteiler gekappt, versiegten die Emails sowohl aus dem Weißen Haus als auch aus dem Außenministerium. Plötzlich mussten Journalisten ohne die automatisch gelieferten Terminvorschauen, Redetexte oder Stellungnahmen auskommen. Das Außenministerium erholte sich als erstes, verschickte die elektronischen Nachrichten dann aber gleich doppelt und dreifach. Es folgte eine Entschuldigung mit dem Hinweis, dass es technische Probleme gegeben habe, die jetzt behoben seien.

Google hilft immer

Wer mit dem Weißen Haus Kontakt aufnehmen wollte, bekam eine Adresse, die nicht die offizielle .gov-Endung trug - sondern mit gmail.com endete. In der Not greift also auch die mächtigste Regierung der Welt auf Google zurück. Am Montag dieser Woche half auch das nicht mehr. Den ganzen Tag lag das Email-System lahm, und die Mitarbeiter stellten fest, dass sie plötzlich wieder miteinander reden oder auf die guten alten Notizzettel zurückgreifen mussten.

Mit den strengen Sicherheitsvorschriften und der Regel, dass aller Schriftverkehr im Weißen Haus archiviert werden muss, ist die Twitter-, YouTube- und Blackberry-Kultur des Obama-Teams sowieso nicht so einfach zu vereinbaren. Immerhin: Der Präsident selbst, ein bekennender Blackberry-Junkie, konnte durchsetzen, dass er weiterhin unterwegs Emails schreiben und empfangen kann.

"BarackBerry"

Seine normalen BlackBerrys (er hatte zwei, heißt es) musste er allerdings eintauschen gegen ein höchst seltenes, streng geheimes Exemplar, das für den Normalnutzer nicht zu erwerben ist. Es erhielt den Segen des Secret Service. Der Kreis derjenigen, die den Präsidenten so direkt erreichen können, heißt es, ist aber sehr klein. Und Weiterleiten soll man die präsidialen Emails auch nicht können. In der Presse hat das Wunderding schon einen Namen: BarackBerry.