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WHO fordert Gesundheitsversorgung für alle

22. November 2010

Eine gute Gesundheitsversorgung ist nach Ansicht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) weniger eine Frage des Geldes als der Politik. Wie die WHO zu diesem Ergebnis kommt, erklärt sie im neuen Weltgesundheitsbericht.

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WHO-Generaldirektorin Margaret Chan auf der Pressekonferenz in Berlin (Bild: AP)
WHO-Generaldirektorin Margaret Chan in BerlinBild: AP

Gerade einmal 100 Seiten braucht die Weltgesundheitsorganisation (WHO), um die wichtigsten Probleme und Lösungen bei der Finanzierung von Gesundheitskosten zusammenzufassen: allgemeine Erkenntnisse, die sowohl für Länder Zentralafrikas mit einer Lebenserwartung von 48 Jahren und Gesundheitsausgaben von 55 Dollar pro Jahr und Kopf gelten sollen wie für die Schweiz mit einer Lebenserwartung von mehr als 80 Jahren und Gesundheitsausgaben pro Kopf von 4.300 Dollar. "Alle Länder auf allen Entwicklungsstufen können sofortige Schritte in Richtung einer allgemeinen Gesundheitsversorgung unternehmen", sagt Margret Chan, Generaldirektorin der WHO. "Länder, die die richtige Politik einführen, können die Versorgung deutlich verbessern und sich vor finanziellen Risiken schützen, egal wie hoch ihr Ausgabenniveau ist."

Zuzahlungen verhindern keine Verschwendung

Pro-Kopf-Ausgaben für Gesundheit weltweit (Grafik: DW)
Pro-Kopf-Ausgaben für Gesundheit weltweit

Chan ist bekannt für offene Worte, dennoch muss sie sich Kommentare verkneifen, die die Politik einzelner Mitgliedsländer bewerten. Kein Kommentar also zur jüngsten Gesundheitsreform in Deutschland oder zu Obamas allgemeiner Krankenversicherung. Umso deutlicher wird sie aber, wenn es darum geht, konkrete Forderungen zu stellen, die für alle Länder gelten müssen. Und die klingen ganz anders, als das, was in vielen westlichen Hauptstädten in den vergangenen Jahren galt. "Direkte Zahlungen während der Behandlung bieten keinen Schutz vor Verschwendung von Leistungen, sie bewirken das Gegenteil", sagt Chan nun. "Sie halten die Armen davon ab, eine Grundversorgung in Anspruch zu nehmen, und sie treiben viele, die Behandlung bekommen, unter die Armutsgrenze."

Krankenhaus in Deutschland (Bild: AP)
In Deutschland kann der Geldbeutel über die Art der medizinischen Versorgung entscheiden - solche Zustände kritisiert die WHOBild: AP

Eine bessere Gesundheitsversorgung ist der WHO zufolge nur möglich, wenn Gesundheitssysteme solidarisch organisiert sind, also alle Bürger den gleichen Zugang haben, unabhängig vom Einkommen. Derzeit würden zwanzig bis vierzig Prozent der Gelder in den Gesundheitssystemen verschwendet. Um die Gesundheitsversorgung auch in armen Ländern zu garantieren, müssten diese sich darauf verlassen können, dass Ihnen bei den Kosten geholfen wird. Der deutsche Entwicklungsminister Dirk Niebel sichert zu, dass Deutschland sich auch weiterhin an den Kosten für internationale Gesundheitsprogramme beteiligen werde. Allerdings kritisiere Deutschland die fehlende Koordination verschiedener Organisationen. "Das ist auch der Grund, warum wir sehr gezielt im bilateralen Bereich tätig sind. Wir sind der Überzeugung, dass wir hervorragende Kompetenzen bei der Hilfestellung haben, komplette Gesundheitssysteme zu implementieren", beteuert Niebel.

Höhere Ausgaben keine Garantie für Erfolg

Eine Gesundheitsstation in Ghana (Bild: DW)
Ghana ist von den Zielen, die die WHO steckt, noch weit entferntBild: DW

Für seine Kritik an internationalen Organisationen wurde Niebel in den letzten Monaten häufig angegriffen. Chan widerspricht ihm an dieser Stelle nicht. Und auch auf die Frage, wie es um die versprochene Erhöhung der Entwicklungsgelder auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens steht, antwortet sie eher ausweichend. Deutschland erreicht bisher nur die Hälfte der versprochenen Gelder. "Höhere Ausgaben garantieren noch keine Resultate in der Gesundheit", wendet Chan ein. "Die konkrete Politik ist entscheidend."

Eine Prognose, ob im Bereich Gesundheit die Millenniumsziele bis 2015 tatsächlich noch erreicht werden, wagt sie nicht. Bei Tuberkulose und Malaria sinken die Infektionszahlen, ebenso hätten Impfprogramme die Kindersterblichkeit gesenkt. Auch bei der Bekämpfung von AIDS gibt es Erfolgsmeldungen. Vor zehn Jahren bekamen 200.000 Infizierte HIV-Medikamente, heute sind es fünf Millionen. Gleichzeitig bekämen aber zehn Millionen Menschen keine Behandlung. "Wir sehen Fortschritte, aber der Fortschritt ist ungleich und er ist zerbrechlich. Wir müssen jetzt sehr hart am Endspurt bis zum Jahr 2015 arbeiten." Bis dahin haben die UN-Mitgliedsländer versprochen, die Müttersterblichkeit um drei Viertel zu senken, die Kindersterblichkeit um zwei Drittel und die Ausbreitung von HIV und AIDS zu stoppen.

Autor: Mathias Bölinger
Redaktion: Martin Schrader