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Atom-Streit in Russland

4. Februar 2010

Russland will noch stärker auf Atomkraft setzen. Bis 2020 sollen 26 neue Kraftwerksblöcke entstehen. Oppositionelle kritisieren die staatlichen Pläne. Sie fürchten um die Umwelt und raten zur Nutzung der Erdgasvorkommen.

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Arbeiter gehen auf dem Gelände des Atomkraftwerks nahe Wolgodonsk. Es war das erste AKW, das nach der Sowjetzeit 2001 fertiggestellt wurde. (Foto: AP)
Nahe Wolgodonsk wurde 2001 das erste AKW nach der Sowjetzeit fertiggestelltBild: AP

Die Ankündigung der russischen Regierung, 26 neue Reaktorblöcke bis 2020 zu bauen, stößt auf den Widerstand der Opposition. "Die Kosten sind zu hoch und wir machen uns abhängig von Uranbrennstoffen", sagte der ehemalige stellvertretende russische Energieminister Wladimir Milow im Gespräch mit der Deutschen Welle. Milow ist heute Mitglied der oppositionellen Bewegung Solidarnost (Solidarität).

Russland importiere schon heute jährlich mehr als 1500 Tonnen Uran, womit ein Drittel des heutigen Bedarfs im Lande gedeckt werde. In Zukunft werde der Importanteil noch steigen, denn die Vorkommen der für Atomkraftwerke benötigten Rohstoffe wie Uran würde sich in Russland zunehmend erschöpfen. Der Experte kritisierte ferner, dass der Ausbau der Atomkraft mit Reaktoren veralteten Typs vorangetrieben werden soll. Aus Milows Sicht stellt dies ein Sicherheitsproblem dar.

Starke Sicherheitsbedenken

Eine Frau hält ein Bild von einem Atomkraftwerk während einer Protestaktion in Kaliningrad, wo der Bau eines Kraftwerks geplant ist. (Foto: RIA Novosti)
Auch in Kaliningrad protestieren Bürger gegen AKW-PläneBild: RIA Novosti

Gerade die Sicherheit ist das Hauptargument der russischen Atomkraft-Gegner. Wasilij Wachljajew führt die regionale Protestbewegung gegen den Bau eines Atomkraftwerks im Dorf Monakowo nahe der Stadt Murom an. Diese liegt etwa 300 Kilometer östlich von Moskau. Er berichtet von Ängsten der Bevölkerung. Der Föderalen Agentur für Atomenergie Russlands traut er nicht: "Rosatom sagt uns, es bestehe keine Gefahr, aber wir haben Zweifel, wir haben Tschernobyl noch gut in Erinnerung."

Wachljajew, der auch Abgeordneter im Muromer Stadtrat ist, wies im Gespräch mit der Deutschen Welle darauf hin, dass in der 30-Kilometerzone um das geplante Kraftwerk 143.000 Menschen leben würden. Diese Bevölkerungsdichte sei für einen solchen Standort zu hoch. Das schrieben auch die in Russland geltenden Bestimmungen vor.

Umweltfreundlichere Alternative

Wladimir Milow spricht während einer Pressekonferenz. Er ist der Leiter des unabhängigen Instituts für Energiepolitik in Russland. (Foto: DW)
Wladimir Milow glaubt, dass Russland genug fossile Energiequellen hatBild: DW

Die Stadtobersten in Murom hätten ganz andere Zukunftspläne für ihre Stadt gehabt, berichtet Wachljajew. Den Tourismus wolle man in Murom ausbauen, aber mit einem Atomkraftwerk in der Nähe könne man das Programm begraben, so der Abgeordnete.

Der Solidarnost-Aktivist Milow geht davon aus, dass die Lobby von Rosatom sich bereits gegen die Kritiker durchgesetzt habe. "Es ist kein Geheimnis, dass dies ein Megaprojekt ist, um an Haushaltsmittel zu kommen", sagt er. Für Russland wäre es besser gewesen, Erdgas zu nutzen, so der Oppositionelle. Erstens seien die Vorkommen des Rohstoffs so groß, dass der Bedarf des Landes noch über Jahrzehnte gedeckt werden könne, und zweitens sei Gas umweltfreundlicher und sicherer zu fördern.

Autor: Jegor Winogradow / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Fabian Schmidt