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Widerstand im Netz

Bernd Riegert1. März 2006

Das grenzenlose Europa gibt es für die neuen Mitgliedsstaaten aus Osteuropa, die vor zwei Jahren der EU beitraten, nur in der Theorie. Der Arbeitsmarkt etwa ist weiterhin abgeschottet. Dagegen regt sich Widerstand.

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Bernd Riegert

Ermutigt von einer Studie der EU-Kommission, die nachweisen will, dass die Öffnung der Arbeitsmärkte der heimischen Wirtschaft nicht schadet sondern nutzt, haben zwei tschechische Studenten im Internet eine Kampagne gestartet, um Europas versprochene Einheit zu vollenden. Ondrej Jurik und Petr Srsen starteten im Januar ihre Web-Seite "Unlock Europe“, "Schließt Europa auf.“

Der angehende Journalist Petr, der sein Studium in Prag bald abschließen wird, und Ondrej, der Multimedia-Wissenschaften in London studiert, bastelten eine Petition zusammen, die man an die EU-Kommission, seine Europa-Abgeordneten und andere Institutionen schicken kann. Immerhin 619 Menschen haben die Eingabe bis jetzt unterzeichnet, um dagegen zu protestieren, dass Deutschland, Österreich, Frankreich und voraussichtlich auch Belgien aus Angst vor dem sprichwörtlich gewordenen "polnischen Klempner“ ihre Grenzen dicht machen. Das hat mit der Freizügigkeit und Niederlassungsfreiheit, die ein Grundpfeiler der EU ist, in der Tat wenig zu tun. Großbritannien, Schweden und jetzt auch Portugal gehen einen anderen Weg und öffnen ihre Arbeitsmärkte.

"Europas Ideen werden verzerrt"

Die beiden tschechischen EU-Bürger zeigen Engagement, das Respekt verdient. Sie maulen nicht nur über die EU, wie das in vielen Staaten ja zurzeit in ist, sondern sie tun etwas. "Wir könnten auch in Kneipen abhängen, aber uns nervt eben, dass viele Politiker Europas Ideen so verzerren“, schreiben Ondrej und Petr auf ihrer Seite. Die Aussichten, tatsächlich etwas zu ändern sind eher klein, aber immerhin bietet die Web-Seite ein interessantes Tagebuch, auf dem sich viele "Blogger“ mit ihren Ansichten verewigt haben. Und eine Gewissheit haben Ondrej und Petr: Die Beschränkung des Zugangs zum Arbeitsmarkt für EU-Neubürger in Deutschland und anderswo wird spätestens nach sieben Jahren enden, so ist es in den Beitrittsverträgen festgelegt. Davon sprechen deutsche Politiker eher selten ...

Mit viel Aufwand und Tamtam versucht die EU-Kommunikationskommissarin Magret Wallström Europa den Menschen wieder näher zu bringen. Die bescheidene Initiative aus Tschechien lehrt vielleicht wie es geht. Für Ondrej und Petr, der als EU-geförderter Erasmus-Student Finnland kennengelernt hat, gibt es aus Wallströms Schatulle wahrscheinlich keine EU-Fördergelder, aber immerhin einen kleinen Link auf Wallströms eigener hochprofessionellen "Blog-Seite“, auf der sie uns die Bewunderung für ihren Chef Jose Barroso und die Geheimnisse ihrer Chiro-Praktikerin mitteilt.