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Lifestyle

Wie eine neue Therapie bei Tinnitus helfen kann

Michael Bär28. September 2011

Tinnitus nennen die Ärzte das störende Piepen im Ohr, das viele kennen, zum Beispiel, wenn sie laute Musik gehört haben. Meist geht er Ton noch kurzer Zeit wieder weg, aber Millionen Menschen haben chronische Ohrgeräusche. Das kann die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Hoffnung macht eine neue Therapie, die in Deutschland entwickelt wurde.

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Tinnitus ist der Oberbegriff für Ohrgeräusche, die verschiedene Ursachen haben können. Oft sind Lärmstress oder ein Hörsturz Auslöser. Manchmal halten solche Geräusche Monate oder Jahre an. Der Patient nimmt dabei einen Ton oder ein Geräusch wahr, das außerhalb seines Kopfes nicht existiert. Vergleichbar ist das mit einem Phantomschmerz, den der Patient zum Beispiel noch immer in einem amputierten Körperteil spürt. So ist auch der Tinnitus eine akustische Wahrnehmung, die eigentlich gar nicht existiert. Ein Tinnitus entsteht häufig durch einen Innenohrschaden. Heute weiß man, dass die Nervenzellen im Gehirn auf diesen Schaden im Ohr reagieren. Normalerweise senden sie ihre elektrischen Impulse in unregelmäßiger Folge ab. Bei Tinnitus geben sie ihre Reize übermäßig und gleichzeitig wieder, krankhaft synchron. Das Störsignal ist der Tinnitus. Hier setzt ein neues Gerät an, das am Forschungszentrum Jülich bei Köln entwickelt wurde. Professor Peter Tass und sein Team stimulieren die Nervenzellen im Gehirn so, dass der ungewollte Gleichtakt der Nervenzellen gezielt gestört wird und das Gehirn ihn wieder verlernt. In Frage kommt das für Patienten mit tonalem Tinnitus, also wenn ein Pfeifton im Vordergrund steht, für Patienten, die einen chronischen Tinnitus haben, das heißt mindestens sechs Monate und Patienten, die nicht an Grunderkrankungen leiden, die zu einem Tinnitus führen können, also zum Beispiel Kiefergelenkserkrankungen oder Halswirbelsäulenerkrankungen. Die Patienten erhalten einen Neurostimulator, der etwa so aussieht wie ein mp3-Player. Das kleine Gerät sendet über Kopfhörer einen akustischen Reiz ins Ohr, der individuell auf jeden Tinnituspatienten und sein Ohrgeräusch zugeschnitten ist. Mehrere Stunden am Tag und über mehrere Monate tragen die Patienten das Gerät. Herkömmliche Therapien, wie Noiser- oder Musiktherapie zielen darauf ab, die krankhafte Aktivität von Hirnzellen zu unterdrücken. Das Gerät aus Jülich wirkt anders. Bei der Neurostimulation sollen die Nervenzellen ihre krankhafte Aktivität ausleben. Die Forscher glauben, dass die Nervenzellen durch die Stimulation unsynchron aktiv sind und nur so langfristig die Rhythmik wieder verlernen. Erste Ergebnisse zeigen bei vielen Patienten deutliche Besserungen. Und falls das Piepen doch wieder einsetzen sollte, haben die Patienten für den Fall der Fälle ihren Neurostimulator dabei.