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Wie Lobbyisten die Politik der USA mitbestimmen

Dorothée Berendes 25. Dezember 2003

Was kann man tun, um Wahlen zu beeinflussen? Wer sind die Drahtzieher hinter den Kulissen des Polit-Zirkus in den USA? Es sind so genannte "Think Tanks" - politische Ideenschmieden.

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Haben "Think Tanks" die politische Macht in den USA?Bild: AP


Die Geschichte der Think Tanks in Washington beginnt mit Querdenkern, klugen Köpfen und erfolgreichen Geschäftsleuten: Sie waren es, die sich Anfang des 20. Jahrhunderts Sorgen um die Innenpolitik, den Weltfrieden, soziale Ungerechtigkeiten oder Bürgerrechte machten. Ihr Ziel: Politik für den Bürger transparenter und interessanter gestalten und der Regierung Zugriff auf internationale Studien und nationale Meinungsumfragen geben. Auf diese elegante Weise konnte man schließlich Staatsgeschäfte geschickt beeinflussen.

Die Carnegie Endowment for International Peace ist der älteste Think Tank in Washington. Heute ist die eher liberal einzuschätzende Carnegie Endowment ein weltweit operierendes Forschungsinstitut, mit mehr als zwanzig internationalen Abteilungen und Zweigstellen.

Ideenschmieden mit Gewicht

Die Ideenschmieden haben sich im Laufe der Zeit stark verändert. Sie sind inzwischen elitäre Einrichtungen, die die Öffentlichkeit über wichtige, neue Themen unterrichten und Experten, Politiker und Geschäftsleute aus aller Welt einladen und ihnen eine intellektuelle Plattform bieten. Verena Ringler, Redakteurin der Carnegie-eigenen Fachzeitschrift "Foreign Policy", hat die Entwicklungen der Think Tanks beobachtet: "Die Think Tanks haben sich vor allem in den letzten zwanzig Jahren in dreierlei Hinsicht sehr stark verändert: Erstens gibt es heute mehr Think Tanks als je zuvor. Zweitens wurden die Think Tanks sowohl zum Parkplatz für die jeweilige Opposition als auch zu Rekrutierungsinstrumenten für zukünftige Regierungen. Drittens wurden die Think Tanks im Fernsehzeitalter zu extrem öffentlichen, extrem aggressiven Meinungsproduzenten."

Einfluss auf Regierungen

Think Tanks üben einen entscheidenden Einfluss auf das Regierungsprogramm der jeweiligen amtierenden Administration aus. Über Jahre hinweg werden Friedenspläne für den Nahen Osten geschmiedet, die Sicherheitspolitik der Vereinigten Staaten auf Herz und Nieren überprüft und ganz klare Vorgaben für eine Strategie im Kampf gegen den Terrorismus unterbreitet. Der Präsident bedient sich je nach Neigung und Nähe zum jeweiligen Think Tank, bei der einen oder anderen Organisation. Kein Wunder also, dass ein reger Wettbewerb unter den zahlreichen Think Tanks herrscht.

Für das Jahr 2004 beschäftigen sich die Think Tanks in Washington vor allen Dingen mit einem Thema: Welchen Einfluss sie auf die Präsidentschaftswahlen im Herbst ausüben könnten. Auf der demokratisch gesinnten Think-Tank-Seite fallen die Programme jedoch allgemein weniger aggressiv und dogmatisch aus.

Um den Demokraten ein neues Sprachrohr in der Öffentlichkeit zu bieten wurde schnell ein neuer Think Tank gegründet. John Podesta, ehemaliger Personal-Chef in der Clinton-Regierung, versucht seit Oktober 2003, mit Präsidentschaftskandidaten wie Wesley Clark und scharfer Kritik an der Regierung Bush die Wähler zu mobilisieren. Seine neue Ideenschmiede heißt Center for American Progress und übt heftige Kritik an der Sicherheits- und Innenpolitik der Bush-Regierung.

Zünglein an der Waage

Die privaten Think Tanks in Washington haben einen leichteren Zugang zu ihrer Regierung, als private Stiftungen in Deutschland. Denn die verhältnismäßig gut ausgestatteten deutschen Fachministerien haben viele Themen von vorne herein besetzt. Das private Engagement ist in den USA stärker ausgeprägt, die jeweiligen Think Tanks sind aber auch mehr von finanziellen Zuwendungen der Stiftungen, zahlreichen Gesellschaften und einzelnen Sponsoren abhängig.

Das fördert jedoch den Wettbewerb und wird die Think Tanks dazu anspornen, sich auch an Minderheitenthemen heranzuwagen. Beispiel: die Ehe für Homosexuelle oder Schwangerschaftsabbrüche. Die einflussreichen Institute in Washington stecken schon in den Startlöchern, sich gerade auch um Randgruppen zu bemühen. Sie könnten bei den nächsten Präsidentschaftswahlen das Zünglein an der Waage sein.