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Wie man umweltschonend fischen kann

4. Juni 2012

Zu gast im Studio ist Prof. Christopher Zimmermann, Institut für Ostseefischerei (OSF) Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei, zum Thema: Überfischung und Forschung

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DW: Herr Zimmermann, essen Sie gerne Fisch?

Dr. Zimmermann: Sehr gerne.

DW: … und wenn Sie an der Fischtheke stehen, was kaufen Sie ohne schlechtes Gewissen?

Man muss da sehr genau auswählen, was man kaufen kann. Dafür braucht man Informationen, die ich glücklicherweise meistens habe. Also wenn ich Fisch kaufe, tue ich das ohne schlechtes Gewissen.

DW: Welchen Fisch kaufen Sie?

Ich esse sehr gerne Kabeljau oder Dorsch aus der Ostsee. Der kommt in der Regel aus Beständen, die sich in den letzten Jahren ganz wunderbar entwickelt haben, die also lange überfischt waren, aber sich durch eine ausreichende Reduzierung der Fischerei sehr positiv entwickelt haben und nun wieder mit gutem Gewissen gegessen werden können.

DW: Wie kann der Verbraucher sehen, ob das ein "guter Fisch" oder ein "schlechter Fisch" ist?

Das kann der Verbraucher in der Regel gar nicht sehen. Deswegen empfehle ich immer, er soll seinen Fischhändler intensiv befragen, wo der Fisch herkommt und was dafür getan wird, dass er nachhaltig genutzt wird. Außerdem kann der Verbraucher natürlich auf Ökolabel achten.

DW: Wie gefährdet sind denn die Fischbestände der beliebtesten europäischen Speisefische? Da gibt es ja immer sehr unterschiedliche Bewertungen.

Da gibt es in der Tat sehr unterschiedliche Bewertungen. "Gefährdet" bedeutet auch unterschiedliche Dinge: Die einen meinen das aus Artenschutz-Sicht, sprechen also vom Verschwinden der Art. Das ist in der Regel nicht der Fall. Wenn wir Fischereibiologen "gefährdet" sagen, meinen wir damit, dass der Fisch sich nicht mehr sinnvoll ökonomisch nutzen lässt. Wenn wir uns ein paar Beispiele angucken wie den Kabeljau, der eine Ikone der nachhaltigen Nutzung ist, dann stellen wir fest, dass der Nordseekabeljau, der vor unserer Tür vorkommt, immer noch stark überfischt ist und auch keine großen Anzeichen für Erholung zeigt - während andere, viel größere Kabeljaubestände wie der Bahrensmeer-Kabeljau oder die Bestände um Island oder auch die schon erwähnten in der Ostsee sich in den letzten Jahren sehr gut entwickelt haben.

DW: Wie belastend für die Umwelt ist Fischerei im Vergleich zur Viehzucht?

Ich bin der Ansicht: Alles was wir aus dem Meer holen, ist nachhaltiger produziert als alles, was wir an Land ernten. Und das schließt sogar Agrarprodukte und nicht-tierische Agrarprodukte mit ein. Tatsächlich haben Fische ein so naturnahes Leben wie nur möglich. Wir müssen jetzt nur darauf achten, dass wir so wenig ernten, dass immer ausreichend viel nachwächst.

DW: Was muss denn geschehen, damit umweltschonender gefischt wird?

Fangtechnik ist ein ganz wichtiger Punkt. Wir fangen immer noch viel zu viele andere Tiere mit, die weder der Fischer noch die Verbraucher gebrauchen können. Neuartige Netze mit größeren Maschen, durch die die kleinen Fische wieder entwischen können, sind da ein großer Fortschritt. Generell muss man einfach für die allermeisten europäischen Fischbestände das Ausmaß des Fischfangs reduzieren. Das heißt, man kann für eine gewisse Zeit weniger heraus holen, muss dann warten, bis sich die Bestände erholt haben, kann dann aber auch wieder mehr ernten.

DW: Und wenn Sie jetzt wirklich maßgeblichen Einfluss hätten und unsere europäischen Regelungen für Fischfang ändern könnten, was würden Sie als erstes ändern?

Ich würde mir wünschen, dass viele der unsinnigen Regeln, die wir heute im europäischen Fischereimanagement haben, abgeschafft werden. Außerdem würde ich ein ganz klares positives Anreizsystem schaffen, in dem der Fischer dafür belohnt wird, dass er das Richtige macht; momentan erhält er Anreize dafür, dass er die Regeln möglichst weit auslegt.

Interview: Maria Grunwald