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Vor dem Einsatz

Wolfgang Dick14. Januar 2007

20.000 US-Soldaten sollen zusätzlich in den Irak. Betroffen davon sind auch Einheiten in Deutschland. Für ein Jahr werden die Soldaten weg sein. Wolfgang Dick hat einige auf der US-Basis Hanau besucht.

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US-Soldaten im Irak marschierend
Wie es in ihnen aussieht, wissen oft nur sie selbst: US-Soldaten im IrakBild: AP

Appell im Morgengrauen auf der US-Basis Hanau. Die Gesichter der 20- bis 30-jährigen US-Soldaten sehen aschfahl aus. Die sonst üblichen Witzeleien unter den Männern und Frauen bleiben aus. Es ist das letzte Treffen vor ihrer Abreise.

Hohe Generäle erscheinen vor der Truppe. Sie schwören die jungen Leute in ihren khakibraunen Uniformen noch einmal auf das ein, was sie erwarten wird. Und dass es eine wichtige Mission sei: "Egal, was Sie im Fernsehen sehen, die meisten Leute im Irak wollen, dass Sie da sind!"

Das sagt einer der Ranghohen. Dann ermahnt er die Soldaten, die Wut im Zaum zu halten: "Es wird euch ankotzen, was ihr sehen werdet, wie manche Leute dort unten ihr Land behandeln."

Ein weiterer Offizier versucht sich an Ratschlägen, wie man es schaffen kann im Irak: "Gebt alles, seid besser, immer wieder!"

Nicht zeigen, wie es in einem aussieht

Als der Appell vorbei ist, stehen viele von ihnen noch länger in kleinen Gruppen auf dem Platz. Zigaretten machen die Runde. Wenn man sie dann fragt, wie es ihnen gehe, dann versuchen beinahe alle, erstaunlich abgeklärt zu wirken. "Wir sind gut traniert. Wir sind wirklich bereit zu gehen", sagt einer.

Während des Mittagessens einer Einheit in Marez bei Mossul: verwundete US-Soldaten werden eingeliefert
Während des Mittagessens einer Einheit in Marez bei Mossul: verwundete US-Soldaten werden eingeliefertBild: AP

Einer aus der Einheit war schon mal im Irak - für ein Jahr. "Bagdad ist gefährlich, aber wir schreiben Geschichte dort", meint er. "Wir bauen das Land wieder auf - das ist eine gute Sache."

Gefahr für Familien

Von einer guten Sache, die für so viele Soldaten tödlich ausgeht, sprechen die Familienangehörigen nicht. Es ist eben so, heißt es bei einigen fatalistisch. Viele von ihnen besuchen immer wieder Besprechungen in einer Turnhalle, bei der sie die Lage ihrer Männer und Frauen im Irak von Offizieren erläutert bekommen. Dabei fallen klare Ermahnungen vor allem an die Ehefrauen. "Lasst die Probleme zuhause aus dem Spiel, damit eure Männer damit nicht an die Arbeit gehen und Probleme bekommen."

Deutlicher geht es wohl nicht. Gute Laune bis zum Schluss. Wenn die Soldaten abgereist sind, stellen ihre Kinder Fotos von Mutter oder Vater an den Frühstückstisch. Gegen das Vergessen. Ein Jahr lang.

Nicht wenige Frauen sind Deutsche. Eine von ihnen beschreibt, wie das so ist mit einem Mann im Irak: "Mein Mann schreibt mir nichts besonderes in den E-Mails. Er will mich nicht beunruhigen. Ich sehe mir keine Nachrichten im Fernsehen an. Schon seit einem Jahr nicht. Ich mache alles, damit ich nicht immer daran denke." Eine andere sagt, sie gehe auf die Uni, habe sich einen Hund angeschafft und sei 24 stunden beschäftigt, um nicht durchzudrehen.

Zerstörerische Kraft des Erlebten

Colonel Eaman, eine energische Frau Anfang 40, die nicht mehr auf der Basis in Hanau tätig ist, hat lange an Resozialisierungsprogrammen gearbeitet: "So ein Jahr im Einsatz, so eine Abordnung ist die Hölle für eine Ehe", erzählt sie. "Viele halten nicht. Wir haben das nach den Einsätzen in Vietnam, in Afghanistan und im Irak erlebt, dass zurückgekehrte Männer ihre Frauen umbringen oder andere schlimme Dinge passieren." So etwas sei nicht mehr passiert seit Betreuungsprogramme für Rückkehrer eingerichtet worden seien. Es gebe zwar hier und da noch Probleme, aber die Soldaten könnten nach der Rückkehr aus dem Irak-Einsatz nun etwas besser damit umgehen.