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Wie weiter im Irak?

Peter Philipp2. Februar 2004

Die jüngsten schweren Anschläge im Irak sind für die Politik der USA ein herber Rüchschlag. Ein Kommentar von Peter Philipp.

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Da hatten amerikanische Sprecher in letzter Zeit schon frohlockt, dass die Festnahme Saddam Husseins doch eine Beruhigung und einen Rückgang der Gewalttaten im Irak gebracht habe. Eine törichte Fehleinschätzung - wie die Anschläge im kurdischen Nordirak am Wochenende (1.2.2004) bewiesen haben.

Nicht die einzige Fehleinschätzung im Übrigen: Immer mehr zeigt sich, dass die USA ernsthafte Probleme haben mit der Einordnung und Beurteilung der Zustände und Vorgänge im Irak. So hat sich längst herumgesprochen, dass es weitaus leichter war, den Irak zu erobern, als ihn danach zu beherrschen und in die von Präsident George W. Bush so oft beschworene bessere Zukunft zu begleiten. Langsam dämmert dies den Amerikanern, die freilich immer noch
glauben, am festgelegten Plan für die nächsten Monate festhalten zu können.

Bis Ende Juni soll in verschiedenen Volksversammlungen eine Übergangsregierung entstehen, die dann sowohl eine neue Verfassung ausarbeiten als auch Neuwahlen abhalten soll. Ein Plan, der nur Probleme bereitet. Möglicherweise bis hin zu den Anschlägen vom Wochenende: Besonders die Schiiten unter Ayatollah Sistani fordern seit Wochen entschieden, dass schon die Übergangsregierung frei gewählt werden solle und nicht - wie jetzt der "Regierungsrat" - nur ernannt werden dürfe.

Washington hat sich diese Lektion in Demokratie angehört und argumentiert, in so kurzer Zeit könnten keine freien Wahlen organisiert werden. Ein Argument, dass zutreffen dürfte und das auch Zustimmung findet bei den UN-Experten, die sich gegenwärtig darauf vorbereiten, im Irak die Voraussetzungen für freie Wahlen zu untersuchen. Aus ihrem Kreis sind skeptische Töne zu hören: In Ländern, die
noch nie in demokratischen Strukturen gelebt haben, seien freie Wahlen nicht von heute auf morgen durchzuführen. Auch nicht innerhalb von vier, fünf Monaten.

Die UNO dürfte also empfehlen, den Wahltermin aufzuschieben oder aber eine andere Übergangslösung zu finden. Was der Position Washingtons einigermaßen entgegen käme.

Ob die UNO dann aber auch die Aufgabe übernehmen wird, diese Wahlen zu organisieren und zu überwachen, steht auf einem anderen Blatt. Die Weltorganisation war bereits Zielscheibe eines schweren Terroranschlages und hat daraufhin ihr Personal aus dem Irak abgezogen. Nur wenn ausreichend Sicherheit gewährleistet würde, könnte Kofi Annan seine Leute ohne Gewissensbisse wieder an den Euphrat zurückschicken. Solange aber die Amerikaner sich
selbst und ihre Verbündeten nicht sichern können, solange dürfte solch ein Unternehmen für die UN zu riskant sein. Zumal man sich ja nicht allzu deutlich in die Abhängigkeit der USA begeben will und kann.

Da nützt es wenig, dass als Täter auch der Anschläge vom Wochenende immer öfter radikale Gruppen wie Ansar el Islam genannt werden, die angeblich Verbindungen zu Al-Kaida haben: Im Irak sind weiterhin diverse Gruppen aktiv, mit verschiedenen Zielen: Die einen kämpfen nur gegen die Besatzer, andere gegen "Kollaborateure". Wieder andere begleichen alte Rechnungen oder versuchen, politische Konkurrenten einzuschüchtern oder auszuschalten.

Dass man solches in Washington nicht vorhergesehen oder zu lange nicht erkannt hat, dürfte mit das größte Manko der amerikanischen Irakpolitik sein.