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Hintergrund Schiedsrichter-Laufbahn

31. Januar 2011

Einmal beim WM-Finale dabei sein? Oder noch besser: Cristiano Ronaldo in seine Schranken weisen? Als Schiedsrichter ist das möglich. Von 80.000 Schiedsrichtern in Deutschland pfeifen aber nur zehn international.

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Ein Schiedsrichter der Fußball-Bundesliga nimmt die Pfeife zum Pfiff in den Mund (Archivbild vom 03.08.2002). (Foto: dpa, Marco Kohlmeyer)
Des Schiris Freu(n)d: Die PfeifeBild: dpa

Wenn sie klein sind, träumen viele Jungs von einer Karriere als Fußballprofi. Wenn sie dann etwas älter werden, merken sie, dass das Talent vielleicht nicht ganz reichen könnte. Doch es gibt eine Alternative, um ganz oben mitzumischen auf der großen Fußballbühne: Schiedsrichter werden. Schon mit 14 kann man damit anfangen, Voraussetzung ist eine Ausbildung beim jeweiligen Landesverband, erklärt Stephan Osnabrügge, Vizepräsident des Fußballverbands Mittelrhein – selbst ehemaliger Schiedsrichter und über 20 Jahre lang für die Schiedsrichterausbildung in seinem Kreis verantwortlich. "Kann ich nur jedem empfehlen. Ist ja auch ein tolles Hobby. Die Persönlichkeitsentwicklung ist toll."

Von zwei Samstagen bis hin zu fünf Wochen kann eine Ausbildung dauern, jede endet mit mindestens einer theoretischen Prüfung. In den ersten Spielen werden die Schiedsrichter von Paten begleitet, die ihnen zur Seite stehen. "Die Schiedsrichter werden von Anfang an auf die spielende Bevölkerung losgelassen." Zuerst fängt man im Jugendbereich an und steigt dann in den Seniorenbereich auf.

Mit 45 ist Schluss

Schiedsrichter Dr. Markus Merk in Aktion (Foto: dpa, Carmen Jaspersen)
Weltschiedsrichter Markus Merk musste altersbedingt aufhörenBild: picture-alliance/ dpa

Nur die besten Schiedsrichter steigen auf, in der Regel pro Jahr nicht mehr als ein bis zwei der jeweiligen Klasse. Allzu viel Zeit sollte sich ein ehrgeiziger Schiedsrichter nicht lassen mit dem Aufstieg, denn es gibt Altersbegrenzungen. "Mit 45 Jahren muss man bei der FIFA aufhören", sagt Eugen Strigel, Mitglied der DFB-Schiedsrichterkommission und ehemaliger Schiedsrichter-Lehrwart.

Das heißt, mit spätestens Ende 20 sollte man sich für den DFB-Bereich qualifiziert haben, um sich über U16-Spiele bis hin zu Champions-League-Partien dann endlich auch für große Fußballturniere zu empfehlen. Bis dahin gibt es Aufwandsentschädigungen zwischen 15 und 50 Euro, erklärt Osnabrügge, der selbst einmal auf der DFB-Liste stand. Wer es bis ganz nach oben schafft, verdient da schon deutlich mehr. "Ein Schiedsrichter in der 1. Liga bekommt mehrere 1000 Euro, aber er hat auch einen enormen zeitlichen Aufwand." Als Bundesliga-Schiedsrichter muss man einen Tag vor dem Spiel anreisen, einen Tag später abreisen und wird ganz spontan angesetzt, um Missbrauch vorzubeugen. Osnabrügge hat die Pfeife schließlich an den Nagel gehängt, weil sich die Schiedsrichterei nicht mehr mit dem normalen Arbeitsleben vereinbaren ließ.

Ein Bundesliga-Schiedsrichter ist längst kein Profi

Schiedsrichter Herbert Fandel im Einsatz (Foto: dpa, Bernd Weißbrod)
Ex-Schiri Herbert Fandel war zugleich KonzertpianistBild: dpa

Fast kein Schiedsrichter in der Bundesliga ist voll berufstätig, fast alle arbeiten reduziert, erklärt auch Strigel. Denn neben den vielen Reisen steht auch für Schiedsrichter ein straffes Sportprogramm an, um bei dem hohen Tempo in der Bundesliga immer auf Ballhöhe sein zu können. Fitness, Persönlichkeit und ein gewisses Talent muss man ebenfalls mitbringen. "Es wird einem nicht in den Schoß gelegt, vor 80.000 Zuschauern in Dortmund zu pfeifen. Da muss man seine Nerven im Griff haben", sagt Strigel. Man müsse Ausstrahlung besitzen, die richtigen Entscheidungen treffen. Dürfe nicht überziehen, aber auch nicht zuviel durchgehen lassen. "Und allzu oft darf man natürlich auch keine gravierenden Fehler machen."

Gute Tipps für die knapp 80.000 Schiedsrichter, die im DFB organisiert sind. Doch die Plätze sind knapp bemessen: Nur 42 pfeifen in der 1. und 2. Bundesliga. Immerhin: Weil Deutschland insgesamt so viele Schiedsrichter hat, stehen zehn auf der FIFA-Liste, dürfen also bei internationalen Spielen eingesetzt werden. Das ist die Maximalzahl. Dazu kommen vier FIFA-Schiedsrichterinnen, unter ihnen Bibiana Steinhaus. Mit Wolfgang Stark, Florian Meyer und Felix Brych stehen drei deutsche Schiedsrichter sogar in der UEFA- und FIFA-Topgruppe – ebenfalls die Maximalzahl, erklärt Strigel. "Wir haben nach wie vor international ein hohes Ansehen, und ich denke, das deutsche Schiedsrichterwesen braucht sich international nicht zu verstecken. Und wir stellen auch in der Bundesliga gute Schiedsrichter."

Autorin: Olivia Fritz
Redaktion: Arnulf Boettcher